Charlotte Birch-Pfeiffer

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* 23.6.1800 Stuttgart (D), † 25.8.1868 Berlin (D), Pseudonyme: Franz Fels, Willibald Waldherr. ∞ 1825 Christian Birch, Schriftsteller. Mutter der Autorin und Schauspielerin Wilhemine von Hillern.

Als Zwölfjährige Schauspielunterricht bei Franz Anton Zuccarini in München. B. debütierte am 13.6.1813 in der Rolle der Thermutis in Plötz/Lindpaintners "Moses Errettung" am Königlichen Theater an dem Isarthor. 1814 gab sie erste Gastspiele in der Umgebung Münchens, später in Prag, hauptsächlich spielte sie jedoch am Hoftheater in München unter der Leitung von Karl Carl (unter anderem als Jeanne d’Arc, Medea, Sappho, Maria Stuart). 1819–26 hatte B. dort ein festes Engagement. Während dieser Zeit unternahm sie viele Gastspielreisen an grosse und kleine Bühnen in Deutschland sowie nach Österreich, in die Schweiz und an deutschsprachige Theater in Holland und Russland. 1821 trat sie zum ersten Mal am Wiener Hofburgtheater auf, weitere Gastspiele gab sie dort 1828 und 1832. 1828–30 war B. unter Carl am Theater an der Wien engagiert. Sie spielte dort im ersten von ihr selbst geschriebenen Theaterstück "Herma oder Die Söhne der Rache" (Uraufführung 8.10.1828) die Hauptrolle. In der Folge verfasste sie über hundert Theaterstücke, so genannte Rührstücke, Lustspiele und historische Schauspiele, zahlreiche Nachdichtungen von Romanen und Erzählungen, die sie meist mit einem glücklichen Ausgang versah. Besonders erfolgreich waren unter anderem "Pfeffer-Rösel oder Die Frankfurter Messe im Jahr 1297" nach Wilhelm Asmus Dörings "Sonnenberg" (Uraufführung 16.9.1829, Theater an der Wien), "Der Glöckner von Notre-Dame" nach Victor Hugo (1830), "Dorf und Stadt" nach Auerbachs Erzählung "Die Frau Professorin" (1847), "Die Waise aus Lowood" nach Charlotte Brontës "Jane Eyre" (1853), "Die Grille" nach George Sands "La Petite Fadette" (Uraufführung 22.12.1856, Königliche Schauspiele Berlin), "Ein Kind des Glücks" (1860) und "Der Goldbauer" (Uraufführung 23.1.1861, Königliche Schauspiele Berlin). 1834/35 schuf B. ihr erstes umgearbeitetes Libretto für Giacomo Meyerbeers Oper "Die Kreuzritter", später mehrere eigene und umgearbeitete Libretti hauptsächlich für Meyerbeer, aber auch für Friedrich von Flotow und Herzog Ernst von Sachsen-Coburg-Gotha. Zudem verfasste sie Romane und Erzählungen. 1837–43 war B. Direktorin des →Aktientheaters Zürich, verfasste weitere Stücke und trat als Schauspielerin auf. Der Spielplan enthielt, da das Theater ohne öffentliche Subventionen auskommen musste, vor allem publikumswirksame Stücke meist heiteren Charakters. Häufig gespielte Autoren waren beispielsweise Kotzebue, Raupach und Iffland, zudem standen zahlreiche Stücke B.s, von denen unter anderem das vaterländische Trauerspiel "Ulrich Zwingli’s Tod" (1837) grossen Erfolg hatte, auf dem Spielplan. Im Musiktheater wurden beispielsweise Opern von Rossini, Bellini, Carl Maria von Weber und Meyerbeer gegeben. B. setzte sich für ein stehendes Ensemble ein, um mit einer aufeinander eingespielten Truppe die künstlerische Qualität steigern zu können und die Anstellungsbedingungen der Schauspielerinnen und Schauspieler zu verbessern. Wegen eigenen grossen finanziellen Verlusten verlängerte B. den Vertrag nicht mehr. Neben ihrem Zürcher Engagement leitete sie 1840 das →Stadttheater Luzern. 1844–65 war sie als königlich preussische Hofschauspielerin an den Königlichen Schauspielen in Berlin engagiert und verfasste bis zu ihrem Tod weiterhin äusserst populäre Stücke. Obwohl B. eine der meistgespielten und erfolgreichsten Dramatikerinnen des 19. Jahrhunderts war, die das damalige Repertoire der deutschsprachigen Bühnen massgeblich prägte und ihre Bühnenstücke auch in Schweden, Holland, Russland und in den USA mit Erfolg aufgeführt wurden, bezichtigten sie schon zeitgenössische Kritiker der Trivialisierung des Dramas und der Effekthascherei. Im 20. Jahrhundert wurden B.s Stücke nur noch vereinzelt gespielt.

Literatur

  • Caduff, Corina: C. B. Direktorin des Zürcher Theaters 1837 bis 1843. In: Ryter, Elisabeth et al. (Hg.): Und schrieb und schrieb wie ein Tiger aus dem Busch, 1994.
  • Pargner, Birgit: C. B. (1800–1868), 1999 [Ausstellungskatalog].
  • Pargner, Birgit: Zwischen Tränen und Kommerz, 1999 [mit Bibliografie].

Nachlass

  • Deutsches Theatermuseum, München.


Autorin: Maya Widmer



Bibliografische Angaben zu diesem Artikel:

Widmer, Maya: Charlotte Birch-Pfeiffer, in: Kotte, Andreas (Hg.): Theaterlexikon der Schweiz, Chronos Verlag Zürich 2005, Band 1, S. 207–208.

Normdaten

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