Adolf Wölfli

Aus Theaterlexikon - CH
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* 29.2.1864 Bowil BE, † 6.11.1930 Bern.

Ärmliche Jugend als Verdingkind, 1880–90 Knecht in Bern und Umgebung. Nach mehreren Verhaftungen wegen versuchter Notzucht erfolgte 1895 die Einweisung in die bernische Irrenanstalt Waldau, wo eine paranoide Schizophrenie diagnostiziert und W. wegen Unzurechnungsfähigkeit verwahrt wurde. Während der 35 Jahre, die er bis zu seinem Tod in der Anstalt verbrachte, entfaltete W. eine ungestüme zeichnerische, dichterische und kompositorische Aktivität. Seine Zeichnungen, Collagen und schriftlichen Notizen – bestehend aus über 25’000 Manuskriptseiten – weisen ihn als bedeutenden Vertreter der Art Brut aus. Ohne über eine musikalische Ausbildung zu verfügen, fertigte W. auch Kompositionen an, die teils in traditioneller Notenschrift, teils in Solmisation aufgezeichnet sind. Sich selbst bezeichnete W. als Komponisten und "(Musik-Diräktohr)"; seine letzte Produktion nannte er "(Trauer-Marsch)" (1928–30). Die Notate sind zumindest teilweise les- und spielbar. W.s Texte und Kompositionen wie auch seine Lebensgeschichte bildeten die Grundlage für verschiedene Vertonungen (etwa der Komponisten Wolfgang Rihm, Gösta Neuwirt und Regina Irman) und Theaterprojekte, unter anderem: Ingomar Grünauers Kammeroper "(Die Schöpfungsgeschichte des Adolf Wölfli)" (Uraufführung 1982 an den →Basler Theatern, Regie: →Erich Holliger); "(Albumblatt für Adolf Wölfli)" des →Tanztheaters Nelly Bütikofer (1987 aufgeführt im Keller des →Schauspielhauses Zürich, Regie: Ulrich Bodamer); →Stijn Celis’ Choreografie "(Wölfli Doodle Diary)" (1998 uraufgeführt am →Stadttheater Bern); →Wolfram Bergers szenische Lesung "(0 Grad 0/000: Entrantt von Liebes, = Flammen)" (2001 am Burgtheater Wien).

Literatur

  • Spoerri, Elka/Glaesemer, Jürgen (Hg.): A. W., 1986.
  • Spoerri, Elka et. al.: W. Dessinateur, Compositeur, 1991.
  • A.–W.-Stiftung (Hg.): A. W.: Schreiber, Dichter, Zeichner, Componist, 1996 [mit ausführlicher Bibliografie].

Nachlass

  • A.–W.-Stiftung, Kunstmuseum Bern.


Autor: Reto Caluori



Bibliografische Angaben zu diesem Artikel:

Caluori, Reto: Adolf Wölfli, in: Kotte, Andreas (Hg.): Theaterlexikon der Schweiz, Chronos Verlag Zürich 2005, Band 3, S. 2119–2120.

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