Hans-Peter Litscher

Aus Theaterlexikon - CH
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* 2.3.1955 Stans NW.

Nach der Matura 1975 am Kollegium in Stans ging L. nach Paris und besuchte dort 1976–78 die Ecole de théâtre et de mouvement Jacques Lecoq sowie 1978 mehrere Monate Peter Brooks Centre international de la recherche théâtrale. Anschliessend fünf Jahre Mitarbeiter des Filmregisseurs Hans Jürgen Syberberg (Film-Oper "Parsifal"). 1983 wurde L.s erste eigene Produktion "Palermo ou Jérusalem" am Théâtre national de Chaillot in Paris, 1984 am La Mama E. T. C. in New York sowie in London und München aufgeführt. Ausgehend von Arnold Böcklins Gemälde "Die Toteninsel" und einem gleichnamigen dramatischen Fragment von August Strindberg inszenierte L. 1984 am Théâtre de la Bastille in Paris die Uraufführung seiner Sprechoper "L’Ile des morts. Fragments I" mit Alain Cuny als Darsteller. In der Schweizer Erstaufführung unter dem Titel "Toteninsel. Fragmente I" am 24.2.1988 im Kunsthaus Zürich spielte Peter Lühr die einzige Rolle des Stücks. "L’Ile des morts. Fragments II" wurde im Rahmen des Festival d’Avignon 1985 uraufgeführt. L.s Projekte sind Aufführung, Ausstellung und Performance zugleich. In seiner Arbeit fügt er – häufig anhand einzelner fiktiver Lebensläufe – Faktisches und Imaginäres zu Inszenierungen vermeintlich glaubhafter Schicksale zusammen. Die Helden seiner Geschichten, in der Regel Künstlerinnen und Künstler, leben allein für ihre Obsessionen, an denen sie nicht selten scheitern. 1991 realisierte L. im Rahmen des Festivals Theaterformen am Staatstheater Braunschweig sein Einpersonenstück "Lessing’s Blessings". Am Grazer Festival Steirischer Herbst inszenierte er 1994 "Caduta massi": Das Kammerspiel zeigt die Geschichte eines nie realisierten Projekts des Malers Giovanni Segantini, der für die Weltausstellung von 1900 ein gigantisches Panorama des Engadins herstellen wollte. Die Performance "Do Chinese Postmen Ring Twice Too?"entstand in Zusammenarbeit mit Christian Marclay; die Uraufführung erfolgte am 9.7.1998 im Semperdepot in Wien im Rahmen der Wiener Festwochen. An der Frankfurter Buchmesse 1998 präsentierte L. die Lesemaschine eines gewissen Henry von der Weyd und am Tanztheater international in Hannover 2000 die Ausstellung "Et in Andorra ego"über das Leben der angeblichen Tanzpionierin Laura Wolff. 2001 inszenierte er am Deutschen Schauspielhaus Hamburg "Die tausend Tode der Maria Magdalena Brettschneider", eine Führung durch das Theater auf den Spuren einer mysteriösen Bewohnerin. 2002 entstand "Potemkinsche Dörfer (Potemkinskie derevni)" für das Festival Theater der Welt und wurde auf Rheinschiffen in Bonn, Köln, Düsseldorf und Duisburg gezeigt. Für die Opernfestspiele der Bayerischen Staatsoper konzipierte L. 2002 das Wort- und Singspiel "Denn Bleiben ist nirgends" und am Künstlerhaus Mousonturm in Frankfurt am Main präsentierte er 2003 die Uraufführung von "Eleonora Duses Rotes Riesenkänguruh" sowie eine gleichnamige Ausstellung. Neben zahlreichen weiteren Projekten realisierte L. Hörspiele, beispielsweise "Taxis avant minuit" (1987), und Filme, in denen er teilweise eigene Projekte dokumentierte, unter anderem "Changes" (1976), "Impressions de l’île des morts" (1985, zusammen mit Richard Leacock), "Mambofieberwahn" (1995, ebenfalls mit Leacock) und "Wanda Tura. La regina della bicicletta" (1998).

Literatur

  • Renate Klett: Geschichten aus Münchhausens Archiv. In: Die Zeit 17/2001.


Autor: Reto Caluori



Bibliografische Angaben zu diesem Artikel:

Caluori, Reto: Hans-Peter Litscher, in: Kotte, Andreas (Hg.): Theaterlexikon der Schweiz, Chronos Verlag Zürich 2005, Band 2, S. 1117–1118.

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