Jürg Amann

Aus Theaterlexikon - CH
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* 2.7.1947 Winterthur ZH. Bruder des Malers Urs A.

Studium der Germanistik, europäischen Volksliteratur und Publizistik in Zürich und Berlin, Promotion bei Emil Staiger mit einer Arbeit über Franz Kafka. 1974–76 Dramaturg am →Schauspielhaus Zürich, Zürich ZH, als Literaturkritiker für den "Tages-Anzeiger" und für das Schweizer Radio tätig. 1975 Debüt als Dramatiker mit dem am →Theater Heddy Maria Wettstein, Zürich ZH uraufgeführten Monodrama "Das Fenster" (Regie: →Peter Oehme). Seit 1976 freier Schriftsteller, 1983 Stipendium der Stadt Berlin. A. schreibt Literaturkritiken, Prosa, Hörspiele und Dramen. Ausgehend von literaturwissenschaftlichen und biografischen Quellen nähert sich A. Schriftstellern wie etwa Kafka, →Robert Walser und Goethe und thematisiert die persönliche und gesellschaftliche Zerrissenheit ihres Lebens zwischen Privatheit und Öffentlichkeit, zwischen genialem Schaffensdrang und alltäglicher Anpassung. A. dokumentiert nicht historisches Material, sondern wählt aus, interpretiert, stellt Sinnbezüge her, bemüht sich um Einsichten in Strukturen und Mechanismen von Schreib- und Lebenskrisen. In seinem dramatischen Requiem "Das Ende von Venedig" (Uraufführung 24.11.1976, →Schauspielhaus Zürich, Zürich ZH im Studio Tiefenbrunnen, Regie: Carsten Bodinus) gestaltete A. eine persönliche Auseinandersetzung mit der Stadt Venedig, die zugleich ein grossartiges Gesamtkunstwerk darstellt und zum Sinnbild für Leben und Tod geworden ist. In "Der Traum des Seiltänzers vom freien Fall" (Uraufführung 11.6.1978, Theater Heddy Maria Wettstein Zürich, Regie: →Gudrun Orsky) begegnen uns Figuren aus Kafkas Lebenswelt. Die Auseinandersetzung mit Kafka führt "Die Korrektur" (Uraufführung 7.3.1980, Keller des Schauspielhauses Zürich, Regie: Orsky) fort, während "Die deutsche Nacht" (Uraufführung 10.3.1982, →Stadttheater St. Gallen, Regie: Orsky) die Familienverhältnisse Goethes beleuchtet. "Jugend ohne Gott" (Uraufführung 7.4.1993, →Theater am Neumarkt, Zürich ZH, Regie: Jochen Fölster) ist die Dramatisierung des gleichnamigen Romans von Horváth. Momentaufnahmen, Schicksale, Lebensläufe, verbotene Liebe, der Tod und die Bestimmung des Künstlers registriert A. in konzentrierter Bildsprache. Weitere Stücke: "Büchners Lenz" (Uraufführung 24.5.1984, Staatstheater Darmstadt), "Ach, diese Wege sind sehr dunkel" (Uraufführung 16.3.1985, Badisches Staatstheater Karlsruhe), "Nach dem Fest" (Uraufführung 1989 Forum Stadtpark Graz), "Nachgerufen. Vom ewigen Dialog der Liebe zwischen Frau und Mann" (Uraufführung 25.10.1995, →Theater an der Winkelwiese, Zürich ZH), "Tod Weidigs" und "Ist dieser dunkle Raum die Welt?"(Uraufführung unter dem Titel "Reise zum Nordpol" 3.10.1997, Theater Heddy Maria Wettstein Zürich, Regie: Stefan Weber, mit →Otto Edelmann), "Hotel" (Uraufführung 20.12.1997, Hotel Waldhaus Sils-Maria, Regie: Weber), "Weil immer das Meer vor der Liebe ist" (Uraufführung 3.3.2000, Theater Gruppe 80 Wien als Koproduktion mit dem Theater Ticino Wädenswil, Regie: Weber).

Auszeichnungen

unter anderem

  • 1982 Ingeborg-Bachmann-Preis
  • 1983 Conrad-Ferdinand-Meyer-Preis
  • 1984 Kunstpreis der Stadt Meilen
  • 1989 Preis der Schweizerischen Schillerstiftung
  • 1989 Carl-Heinrich-Ernst Kunstpreis der Stadt Winterthur
  • 1989 und 1990 Förderbeitrag der Pro Helvetia.

Vorlass

Schweizerisches Literaturarchiv, Bern.



Autorin: Brigitte Marschall



Bibliografische Angaben zu diesem Artikel:

Marschall, Brigitte: Jürg Amann, in: Kotte, Andreas (Hg.): Theaterlexikon der Schweiz, Chronos Verlag Zürich 2005, Band 1, S. 44-45.

Normdaten

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