Peter Schweiger

Aus Theaterlexikon - CH
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* 6.1.1939 Wien (A). ∞ Petra Ronner, Pianistin.

Nach dem Studium der Elektrotechnik 1959–62 Ausbildung an der Schauspielschule Krauss in Wien mit Abschluss in Darstellung und Regie. Erste Inszenierungen in Wiener Keller- und Kleintheatern. 1965 übersiedelte S. in die Schweiz, wo er zunächst vor allem als Schauspieler tätig war (unter anderem am →Theater an der Winkelwiese und am →Schauspielhaus Zürich) und sich auf die melodramatische Rezitation klassischer und moderner Musikliteratur spezialisierte. 1971 gründete er mit den Musikern Werner Bärtschi und →Daniel Fueter die Gruppe "Snom & Zasch", die den Schwerpunkt auf die Übergänge zwischen Theater und Musik setzte. Regelmässige Arbeit als Regisseur bei der →Innerstadtbühne Aarau und der →Claque Baden (Schweizer Erstaufführungen von Günther Grass’ "Onkel, Onkel" 1971, Martin Walsers "Ein Kinderspiel" 1972, Christopher Hamptons "Der Menschenfreund" 1973 sowie die Uraufführungen von "Beiläufige Veränderung", ein Projekt von S. nach Justinus Kerner, und Clemens Mettlers "We de Herr Widercher zu siner Freud chunnt", beide 1973). 1974–78 übernahm S. die Leitung des neuen, fest engagierten Ensembles der Innerstadtbühne Aarau. Dort engagierte er sich massgeblich für den Aufbau einer dezentralisierten professionellen Theaterstruktur im Kanton Aargau, indem er zusammen mit der Claque und zwei weiteren Kleintheatern einen regelmässigen Austausch von Produktionen pflegte. Er inszenierte an der Innerstadtbühne weiterhin vor allem Werke von zeitgenössischen und Schweizer Autoren, unter anderem die Uraufführungen von Alfred Jarrys "Im Paradies oder Der Alte vom Berge" (1974), →Klaus Merz’ "Zschokke-Kalender – auf die Jahre 1798–1894" (1976), H. C. Artmanns "Der karierte Charmeur" (1977) und →Kurt Hutterlis "Das Matterköpfen" (1978). S. übertrug den Ensemblemitgliedern Eigenverantwortung und Mitbestimmungsrecht und suchte die Auseinandersetzung mit dem Publikum. Finanzielle Schwierigkeiten der Innerstadtbühne sowie der Vorwurf der Ideologisierung aus Publikumskreisen bewogen S. schliesslich dazu, Aarau zu verlassen. Ab 1978 war er als Drehbuchautor und Regisseur für das Fernsehen DRS mit Sendungen über und zu Musik tätig. 1983–89 übernahm er die Leitung des →Theaters am Neumarkt Zürich. Mit einem primär zeitgenössisch ausgerichteten Spielplan und rund 200 Matineen zu aktuellen gesellschaftlichen und politischen Fragen gelang es ihm, dem Theater ein eigenes Profil zu geben. Unter anderem wurden die folgenden Werke von Schweizer Autoren unter seiner Direktion uraufgeführt: ­→Lukas B. Suters "Schrebers Garten" (1984), Peter Josts "Endlose Strände mit jubelnden Völkern" (1987, Regie beide: S.), →Urs Widmers "Alles klar" (Regie: →Rolf Lyssy, 1987), →Markus Kägis "Ach & Och oder De Alfred und de Emil im Hallebad" (Regie: Michael Klette, 1987), →Walter Vogts "Die Betroffenen" (Regie: S., 1988) und →Linard Bardills "Der Sprung im Traum" (Regie: →Martin Rengel, 1989). Eigene Inszenierungen waren ausserdem die Schweizer Erstaufführungen von Christoph Heins "Die wahre Geschichte des Ah Q" (1985), Friederike Roths "Klavierspiele" (1985), Kroetz’ "Bauern sterben" (1987) und Volker Brauns "Transit Europa" (1988). Ab 1989 war er als freischaffender Sprecher/Rezitator und Regisseur unter anderem am Schauspielhaus Graz (Steirischer Herbst: Uraufführung von Widmers "Sommernachtswut" 1993), am →Theater Tuchlaube in Aarau (Uraufführung von →Ilma Rakusas "Jim", 1994) sowie für das →Vaudeville Theater Zürich tätig. 1993–2004 war S. am →Stadttheater St. Gallen zunächst interimistisch, ab 1994 fest verpflichtet als Schauspieldirektor im Direktorenkollektiv zusammen mit Werner Signer und →John Neschling. Auch dort engagierte sich S. massgeblich für die Autorenförderung und die Pflege der zeitgenössischen Dramatik sowie für ein breites Theaterangebot im Studio und etablierte Sonntagsmatineen im Theaterfoyer. Unter seiner Direktion kamen die folgenden Werke von Schweizer Autorinnen und Autoren zur Uraufführung: 1995 Helen Meiers "Die gegessene Rose" (Regie: Irmgard Lange), →Franz Hohlers "Die falsche Türe" (Regie: Katja Wolff) und Felix Kaufs "Barcelona" (Regie: S.), 1996 →Hansjörg Schertenleibs "Gewölbe" (Regie: Volker Lösch), 1997 Lukas B. Suters "Kormoran" (Regie: Wolff), 2001 →Daniel Ludwigs "Abchasien" (Regie: Albert Lang), 2002 →Hansjörg Schneiders "Erwin und Philomene" (Regie: Monika Steil) und 2002 Lukas Holligers "Toter Pullover" (Regie: Gian Manuel Rau). Daneben inszenierte S. selbst unter anderem Schnitzlers "Der Reigen" (1994), Lessings "Nathan der Weise" (1994), Albees "Drei grosse Frauen" (1995), →Friedrich Dürrenmatts "Der Meteor" (1996) und Camus’ "Die Gerechten" (1998) sowie Opern, beispielsweise Mozarts "Così fan tutte" (1996), Richard Strauss’ "Ariadne auf Naxos" (1995) und "Salome" (1996), Puccinis "Madama Butterfly" (1999) sowie die Uraufführungen von Gérard Zinsstags "Ubu Cocu" (2001, Libretto nach Alfred Jarry von S. und Zinsstag) und Roland Mosers "Avatar" (2003). S. wirkte neben seinen leitenden Funktionen immer auch als Schauspieler, so verkörperte er zum Abschluss seiner St. Galler Zeit Leonce in Büchners "Leonce und Lena". Pädagogische Tätigkeit an der →Schauspiel-Akademie Zürich, 1998–2001 Studienleiter des Nachdiplomstudiums "Szenisches Gestalten" an der Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich.

Auszeichnungen

Literatur

  • Theater am Neumarkt (Hg.): 1983–89. Eine Dokumentation, 1989.
  • Mimos 1–2/2001.


Autor: Peter Arnold



Bibliografische Angaben zu diesem Artikel:

Arnold, Peter: Peter Schweiger, in: Kotte, Andreas (Hg.): Theaterlexikon der Schweiz, Chronos Verlag Zürich 2005, Band 3, S. 1652–1653.

Normdaten

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