Walter Sorell

Aus Theaterlexikon - CH
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* 2.5.1905 Wien (A), † 21.2.1997 New York (USA). ∞ 1938 Gertrude Eisenstein, Designerin und Gestalterin.

Nach dem Studium der Germanistik in Wien 1924–27 arbeitete S. als freier Journalist und Chansontexter. Daneben leitete er in den dreissiger Jahren zwei Kleinkunstbühnen und ein literarisches Kabarett, so 1930–34 das Theater der Volkshochschule Ottakring. Als Jude emigrierte er 1938 über Luxemburg und London in die USA, wo er ab 1939 lebte. Dank seiner vielseitigen künstlerischen und betrachtenden Begabung und seiner ausserordentlichen Englischkenntnisse machte S. Karriere als Theaterautor, Tanzkritiker, Übersetzer, Herausgeber, Dozent und Maler. Seit Mitte der vierziger Jahre war er als Tanz- und Theaterkritiker tätig und schrieb beispielsweise für die amerikanische Zeitschrift Dance Magazine ab 1949 während über vierzig Jahren Beiträge und Rezensionen. Daneben übertrug S. deutsche Literatur ins Englische, unter anderem Büchners "Woyzeck" und Hesses "Der Steppenwolf", und verfasste Theaterstücke wie "Isadora Duncan" (1955) und "Everyman Today" (1958). Von den über zwanzig von ihm in englischer und deutscher Sprache verfassten Büchern sind allein zwölf dem Tanz gewidmet. Weniger historisch als schöpferisch-assoziativ schrieb er über Persönlichkeiten wie →Mary Wigman und über allgemeine Aspekte des Tanzes. Sein "The Dance through the Ages" (1967, deutsch 1969 als "Knaurs Buch vom Tanz") gilt als wichtiges Standardwerk, und von Wigman übersetzte er "Die Sprache des Tanzes" ("Language of Dance", 1967). Nach der Übersetzung von Erwin Piscators Buch "Das politische Theater" unterrichtete S. Ende der vierziger Jahre eine Zeit lang an dessen Theatre Workshop in New York. Das war der Beginn seiner Lehrtätigkeit. Als Dozent führte er so genannte Lecture Demonstrations ein, die legendär wurden: Er lud in seine Vorlesungen Tanzschaffende ein, die seine theoretischen Ausführungen über klassisches Ballett und Modern Dance mit praktischen Beispielen illustrierten. In der Folge lehrte S. auch an der für Flüchtlinge gegründeten New School of Social Research und ab 1955 unterrichtete er an verschiedenen amerikanischen Hochschulen dramatische Literatur, Theater- und Tanzgeschichte. 1958–74 hatte er an der Columbia University einen entsprechenden Lehrstuhl inne und hielt daneben weiterhin zahlreiche Gastvorträge. Nach seiner Emeritierung nahm er einen zweiten Wohnsitz in Zürich und wandte sich neben der Schriftstellerei der Malerei zu. Die entstandenen Bilder zeigte er an über vierzig Ausstellungen. Als S.s Vermächtnis wurde 1998 postum "Die Stimme des Wortes. Betrachtungen eines Neunzigjährigen/The Voice of the Word. Reflections of an Nonagenarian" mit autobiografischen Essays und Gedichten veröffentlicht.

Auszeichnungen

S. erhielt zahlreiche Stipendien, Preise und Ehrungen, unter anderem

  • 1985 den "Award of Distinction" der Tanzzeitschrift "Dance Magazine" (Oakland),
  • 1992 das Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse der österreichischen Regierung für sein Lebenswerk und
  • 1994 die Ehrengabe der Stadt Zürich in der Sparte Tanz.

Literatur

  • S., W.: Choreography of a Life/Choreographie eines Lebens. In: Tanz-Affiche 44/1993.


Autorin: Ursula Pellaton



Bibliografische Angaben zu diesem Artikel:

Pellaton, Ursula: Walter Sorell, in: Kotte, Andreas (Hg.): Theaterlexikon der Schweiz, Chronos Verlag Zürich 2005, Band 3, S. 1701.

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