Rainer Litten
* 30.9.1909 Königsberg (Kaliningrad, heute: RUS), † 30./31.3.1972 Zürich, eigentlich Karl Reinhard L. Sohn von Irmgard L., geborene Wüst, Autorin. Bruder von Heinz Wolfgang L. (* 14.6.1905 Halle, † 24.8.1955 Berlin/Ost [DDR], Schauspieler und Regisseur, 1935/36 Oberspielleiter am →Stadttheater Bern, dort später gastweise als Schauspieler und Regisseur). ∞ Hannelore Eisenbart (geschiedene van Perlstein, Schauspielerin, 1937–42 am →Stadttheater Luzern), Vater der Schauspielerin →Patricia L.
Studium der Germanistik und Kunstgeschichte sowie Schauspielausbildung bei Ilka Grüning in Berlin. Engagements 1930/31 in Zwickau, 1931–33 am Schauspielhaus Leipzig, 1933/34 als Gast am Theater in der Stresemannstraße Berlin. Repressionen wegen der politischen Betätigung seines Bruders Hans Joachim (Rechtsanwalt, 1938 im Konzentrationslager Dachau ermordet). Nach anonymer Warnung Flucht vor der drohenden Verhaftung nach Frankreich. 1934–36 Engagement am Stadttheater Luzern, 1934/35 auch am Neuen Deutschen Theater Prag, 1936–38 am Stadttheater Bern, 1938/39 in Paris (1938 Mitwirkung in Horváths "Glaube Liebe Hoffnung" in der Salle d’Iéna, Regie: →Alwin Kronacher), ab 1939 als Gast, 1946–52 fest engagiert am Stadttheater Luzern, spielte dort rund 150 Rollen (davon etwa fünfzig unter der Regie von →Paul Schill), darunter 1940 Oswald in Ibsens "Gespenster" und Romeo in Shakespeares "Romeo und Julia", 1942 Bolingbroke in Scribes "Ein Glas Wasser", Ferdinand in Schillers "Kabale und Liebe", Titelrollen in Goethes "Clavigo" und Schillers "Don Carlos", 1943 die Titelrolle in Shakespeares "Hamlet", 1944 die Titelrolle in Goethes "Torquato Tasso", 1945 Franz Moor in Schillers "Die Räuber", 1946 Jago in Shakespeares "Othello". Danach diverse Tourneen, Gastverpflichtungen als Schauspieler am →Schauspielhaus Zürich, am →Stadttheater Basel (1955 Ankläger in Anouilhs "Jeanne oder Die Lerche", Regie: Dietrich Haugk) und an der →Komödie Basel (1960 Herr Page in Shakespeares "Die lustigen Weiber von Windsor", Freilichtaufführung im Garten des Wildt’schen Hauses) sowie am →Theater am Central Zürich (auch zahlreiche Inszenierungen), dessen künstlerische Leitung er 1957 übernahm. In L.s Spielplan findet sich neben Cowards "Weekend" (Regie: →Lukas Ammann) auch Ibsens "Nora" (Regie: →Robert Freitag, mit →Anne-Marie Blanc in der Titelrolle und L. als Helmer). Nach der Schliessung des Theaters 1958 führte L. bei zahlreichen Tourneeproduktionen mit dem von ihm geförderten →Walter Roderer Regie, unter anderem inszenierte er Hopwoods "Der Mustergatte" und Brandon Thomas’ "Charleys Tante". Als Schauspieler und Regisseur gastierte L. am →Bernhard-Theater Zürich (1960 Polizeikommissar in und Inszenierung von Robert Thomas’ "Die Falle"). Er übernahm Rollen in den Schweizer Filmen "Weyerhuus" (1940) und "Der Teufel hat gut lachen" (1960) sowie diverse Fernsehrollen. Ab Anfang der sechziger Jahre aus gesundheitlichen Gründen nur noch selten bühnentätig, Hörspielautor für die Radiostudios Zürich und Basel, Leiter der Sendung "Theater heute", Theaterkritiker für diverse Zeitungen, daneben Gastinszenierungen unter anderem am Bernhard-Theater Zürich (1968 Schweizer Erstaufführung von Ayckbourns "Verrückte Wahrheiten", Dialektfassung: →Hans Hausmann, mit →Voli Geiler und →Walter Morath).
Autor: Thomas Blubacher
Bibliografische Angaben zu diesem Artikel:
Blubacher, Thomas: Rainer Litten, in: Kotte, Andreas (Hg.): Theaterlexikon der Schweiz, Chronos Verlag Zürich 2005, Band 2, S. 1119–1120.