Heinz Holliger

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* 21.5.1939 Langenthal BE. Bruder des Regisseurs →Erich H. ∞ Ursula H., Harfenistin.

Bereits während des Gymnasiums Musikstudium am →Konservatorium für Musik Bern bei Emile Cassagnaud (Oboe), Sava Savoff (Klavier) und →Sándor Veress (1956–60 Komposition). Weitere Studien am Conservatoire national supérieur in Paris bei Pierre Pierlot (Oboe) und Yvonne Lefébure (Klavier) sowie 1961–63 an der →Musik-Akademie der Stadt Basel bei Pierre Boulez (Kompositionskurse). 1959–63 war H. erster Oboist im Symphonieorchester der Basler Orchester-Gesellschaft. Seit 1966 wirkt er als Professor für Oboe an der Staatlichen Hochschule für Musik in Freiburg im Breisgau. Seit den sechziger Jahren ist H. weltweit als Oboist tätig, zahlreiche international renommierte Komponisten haben Werke für ihn geschaffen. Seit den späteren siebziger Jahren vermehrt auch Tätigkeit als Dirigent. 1987 gründete er zusammen mit →Rudolf Kelterborn und →Jürg Wyttenbach die Konzertreihe "Basler Musik Forum". Der Komponist H. stand lange Zeit im Schatten des erfolgreichen Interpreten. In den fünfziger Jahren schrieb H. mehrere Schauspielmusiken, so für Aufführungen des Gymnasiums Burgdorf (unter anderem Brentanos "Ponce de León") und der Schauspielabteilung am Konservatorium für Musik Bern (unter anderem Hauptmanns "Die versunkene Glocke", Schillers "Die Braut von Messina") sowie für die Städtische Bühne Heidelberg (Aischylos’ "Die Perser", Regie: →Hans Gaugler/Erich H.) und die Bühnen der Hansestadt Lübeck (Sophokles/Hölderlins "Antigone", Regie: →Ulrich Brecht). Der traditionellen Form der Oper steht H. skeptisch gegenüber. Sein Bühnenwerk "Der magische Tänzer" (Uraufführung 26.4.1970 an den →Basler Theatern, Regie: Erich H., musikalische Leitung: Hans Zender) nach der gleichnamigen szenischen Dichtung von Nelly Sachs, steht durch Einbezug der Parameter Gesang, Gebärde, Tanz und Pantomime im Kontext des gleichzeitigen "pluralistischen Musiktheaters" (Bernd Alois Zimmermann, György Ligeti). Als gewichtiger experimenteller Beitrag schuf H. drei Opern auf Texte von Samuel Beckett: die Kammeroper "Come and Go" (Uraufführung 16.2.1978 an der Hamburgischen Staatsoper; Schweizer Erstaufführung 21.5.1980 an den Basler Theatern, Regie jeweils: Erich H., musikalische Leitung jeweils: H.), das Monodrama für Sopran und Tonband "Not I" (Uraufführung 15.7.1980 am Festival d’Avignon, Regie: Bernard Sobel, technische Leitung: H./Thomas Kessler) und die Kammeroper "What Where" (Uraufführung 19.5.1989 in Frankfurt am Main, Regie: Peter Mussbach, musikalische Leitung: Ingo Metzmacher). Atmen und Gestik, Expressivität und Kargheit bis an die Grenze des Verstummens prägen H.s musikalische Sprache. Seine erste abendfüllende Oper "Schneewittchen" nach einem Dramolett von →Robert Walser komponierte H. im Auftrag des →Opernhauses Zürich (Uraufführung 17.10.1998, Regie: Reto Nickler, musikalische Leitung: H.). Zu den populärsten Stücken H.s zählt der volkstümliche "Alb-Chehr. Geischter- und Älplermüsig fer d’Oberwalliser Spillit" (Uraufführung 23.8.1991 in Burgdorf). H. war Composer in Residence beim Orchestre de la Suisse Romande (1993) und an den Internationalen Musikfestwochen Luzern (1998). Er ist Mitglied der Akademie der Künste, Berlin.

Auszeichnungen

unter anderem

  • 1984 Kompositionspreis des Schweizerischen Tonkünstlervereins,
  • 1987 Léonie Sonning-Musikpreis (Kopenhagen),
  • 1988 Frankfurter Musikpreis,
  • 1989 Kunstpreis der Stadt Basel,
  • 1991 Musikpreis der Ernst-von-Siemens-Stiftung sowie
  • 1998 Ehrendoktorat der Universität Zürich,
  • 1999 Kulturpreis der Einwohnergemeinde Langenthal,
  • ausserdem ist H. Ehrenmitglied der Royal Academy of Music in London.

Literatur

  • H. H.: Dramatik – ein Gespräch mit Thomas Meyer. In: Musiktheater. Zum Schaffen von Schweizer Komponisten des 20. Jahrhunderts, 1983.
  • Landau, Annette (Hg.): H. H., 1996. Philippe Albèra (Hg.): H. H., 1996.
  • H. H. Composer in Residence. Internationale Musikfestwochen Luzern 19. August – 16. September 1998, 1998 [Programmbuch].


Autorin: Sibylle Ehrismann



Bibliografische Angaben zu diesem Artikel:

Ehrismann, Sibylle: Heinz Holliger, in: Kotte, Andreas (Hg.): Theaterlexikon der Schweiz, Chronos Verlag Zürich 2005, Band 2, S. 863–864.

Normdaten

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