Johannes von Spallart

Aus Theaterlexikon - CH
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* 12.12.1900 Wien (A), † 10.3.1985 Zürich. Bruder des Kapellmeisters Georg von S. ∞ I. Lydia Fischer, Malerin, ∞ II. →Milena von Eckardt, Schauspielerin. Vater des Schauspielers Matthias von S. Matura in Wien, dann mit der Familie Übersiedlung in die Schweiz.

Studium an der Ecole d’ingénieurs in Lausanne. Diverse Tätigkeiten in Österreich, Deutschland und der Schweiz (unter anderem als Zeitungsreporter). Schauspielunterricht bei Seraphine Detschy in Berlin. 1923 erstes Engagement als Eleve am Württembergischen Landestheater Stuttgart. 1924–26 am →Schauspielhaus Zürich (noch unter dem Namen Hans von S.). Daneben erste Regiearbeiten am →Schweizerischen Marionettentheater in Zürich, unter anderem Ernst Tollers "Die Rache des verhöhnten Liebhabers". 1926/27 beim Tourneetheater "Pons" in Wien. 1927–29 Engagement am →Stadttheater Luzern (Debüt als Clemens in →Robert Faesis "Die Fassade"), daneben als Gast am →Stadttheater Bern. 1929 Übersiedlung nach Berlin. Da S. dort kein festes Engagement fand, ging er 1930/31 ans Stadttheater Harburg-Wilhelmsburg (unter anderem Ferry in Paul Abrahams "Viktoria und ihr Husar" und Franz Moor in Schillers "Die Räuber"). 1931–33 am Stadttheater Aussig, 1933/34 am Stadttheater Cottbus, wo er unter anderem Wilhelm von Oranien in Goethes "Egmont" spielte und – wie bereits in Aussig – bei Schillers "Die Räuber" Regie führte. 1934/35 Oberspielleiter am Deutschen Schauspiel in Riga. Danach Engagements als Spielleiter und Schauspieler 1935/36 am Stadttheater Giessen (zum Beispiel Regie bei Ibsens "Peer Gynt"), 1936–38 am Hessischen Landestheater Darmstadt und 1938–41 (ab diesem Zeitpunkt unter dem Namen Johannes von S.) an den Städtischen Bühnen Freiburg. S. spielte zahlreiche Rollen; sein Rollenfach war in erster Linie dasjenige des Bonvivants und Charakterliebhabers. Ab 1941 erneut in Berlin: Auftritte am Theater am Schiffbauerdamm, am Komödienhaus und als Walter in Johann von Bokoys erfolgreichem Stück "Die Gattin" am Theater unter den Linden. Seine letzte Rolle in Berlin war 1944 die Hauptrolle in Gustl Kernmayrs Komödie "Was sagen sie zu diesem Herrn?"im Kabarett der Komiker. Im August 1944 wurde S. in die Luftwaffe eingezogen. Im November verliess er mit seiner Familie Deutschland. 1945–55 Engagement als Schauspieler und Spielleiter sowie ab 1951 als Oberspielleiter des Schauspiels am →Städtebundtheater Biel-Solothurn, das er wesentlich prägte. S. debütierte mit der Inszenierung der Uraufführung von →Fritz Hochwälders "Der Flüchtling", in der er den Grenzwächter verkörperte. Danach spielte er über zwanzig Rollen (darunter Duncan in Shakespeares "Macbeth", Oderbruch in →Carl Zuckmayers "Des Teufels General", Will Masters in Anderson Maxwells "Johanna aus Lothringen" sowie in mehreren Komödien) und inszenierte rund dreissig Stücke (darunter die Uraufführungen von →Wilhelm Lichtenbergs "Die verpfändete Frau", →Jakob Bührers "Die drei Gesichte des Dschingis Khan", →Werner Rudolf Beers "Versinkende Heimat" und "Die Entführung der Venus" sowie Schillers "Die Räuber", Ibsens "Die Frau vom Meer" und "Die Wildente", →Cäsar von Arx’ "Dreikampf" und "Der Verrat von Novarra", Anouilhs "Antigone" und Shakespeares "Ein Sommernachtstraum"). Daneben Gastverpflichtungen als Schauspieler am →Stadttheater Basel sowie als Regisseur am Stadttheater Bern (1950 Schillers "Die Räuber") und bei einer Tourneeproduktion mit →Maria Fein und →Heinz Woester (1948 Jacques Devals "Das Glück der Bösen"). Nach seinem festen Engagement am Städtebundtheater Biel-Solothurn wirkte S. als Schauspieler an verschiedenen Bühnen, so 1955–60 am →Atelier-Theater Bern, 1956 am Stadttheater Bern, 1957–59 am Kleinen Theater im Zoo in Frankfurt am Main, 1964–65 an der Komödie Basel, 1968/69 am →Theater an der Grenze in Kreuzlingen (Krapp in Becketts "Das letzte Band") sowie 1959–69 am Schauspielhaus Zürich. Dort spielte er rund zwanzig zumeist mittlere und kleinere Rollen wie zum Beispiel Herr Schmetterling in Ionescos "Die Nashörner", Altenwyl in Hofmannsthals "Der Schwierige", den Rittmeister in Horváths "Geschichten aus dem Wienerwald", Don Balthazar Lopez in →Max Frischs "Don Juan oder Die Liebe zur Geometrie", den Kanzler in der Uraufführung von →Friedrich Dürrenmatts "Die Wiedertäufer" und Proculejus in Shakespeares "Antonius und Cleopatra". 1972/73 und 1977 einzelne Sprechrollen am →Opernhaus Zürich. Lehrtätigkeit an der →Schauspiel-Akademie Zürich. Daneben umfangreiche Tätigkeit bei Schweizer Radio DRS 1 (Literaturreihe "Fortsetzung folgt"). Zudem bearbeitete S. Stücke für das Fernsehen (zum Beispiel Schnitzlers "Spiel im Morgengrauen") und veranstaltete Lesungen. Er verfasste Kurzgeschichten (1980 Sammelband "En passant") und Theaterstücke ("Tintenspritzer", Uraufführung 7.9.1943 am Theater unter den Linden in Berlin, 1948 von Günther Rittau unter dem Titel "Eine alltägliche Geschichte" verfilmt; "Kamerad Patroklus", "Ödon Batschi" zusammen mit Johanna Németh, "Musik! Die Hunde bleiben" mit Selma Regula Gessner). 1965 erschien sein astrologisches Buch "Tierkreis und Schöpfung".

Nachlass

  • Zentralbibliothek Zürich und
  • Privatbesitz Urs Joseph Flury, Biberist.

Susanna Tschui


Bibliografische Angaben zu diesem Artikel:

Tschui, Susanna: Johannes von Spallart, in: Kotte, Andreas (Hg.): Theaterlexikon der Schweiz, Chronos Verlag Zürich 2005, Band 3, S. 1705–1706.

Normdaten

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