Walter Kochner
* 27.2.1905 Brüx (Most, heute: CZ), † 12.11.1971 St. Gallen. ∞ Thea Glan, Operettensängerin.
Zunächst Tätigkeit als Bankangestellter, dann Gesangsstudien in Wien und am Konservatorium in Mailand bei Raffaele Grani. Debüt 1926 als lyrischer Bariton in der Rolle des Valentin in Gounods "Faust" am Teatro dal Verme in Mailand. Danach war er als Spielbariton in Teplitz-Schönau und an der Volksoper Wien tätig, ehe er sich – nach erneutem Studium in Mailand – als Operettentenor der "leichten Muse" zuwandte. Es folgten Engagements 1927/28 am →Corso-Theater Zürich, 1929/30 am Neuen Operettentheater Bonn, 1930/31 am Mellini-Theater Hannover, 1931/32 am Operettentheater Leipzig und 1932/33 am Metropol-Theater Berlin. Anlässlich eines Gastspiels 1929 in Dresden lernte K. den Tenor →Richard Tauber kennen, mit dem er Mitte der dreissiger Jahre als Sänger und Regisseur in Europa auf Tournee ging. 1933 Emigration nach Wien, wo K. in der Folge häufig am Stadttheater gastierte, an dem er auch seine Frau kennen lernte. 1933–35 im Sommer jeweils als Gast am Stadttheater Marienbad. Nach weiteren Gastspielen, unter anderem in Prag und Amsterdam, emigrierten K. und Glan 1938 in die Schweiz. Im selben Jahr erfolgte ein Engagement ans →Städtebundtheater Biel-Solothurn, dem K. als Regisseur, Sänger und Schauspieler bis 1950 und Glan als Operettensängerin bis 1949 angehörten. K. inszenierte dort unter anderem Operetten von Harald Barth, Georg Jarno, Léon Jessel, Lehár und Johann Strauß, in denen er häufig tragende Rollen spielte. Daneben inszenierte er 1940 am →Küchlin-Theater Basel →Ralph Benatzkys "Im weissen Rössl", in dem er als Leopold auftrat. 1950–65 wirkte K. als Oberspielleiter der Operette, Sänger und Schauspieler am →Stadttheater St. Gallen, dem er bis zu seinem Tod als Gastregisseur verbunden blieb. Zu seinen grössten Erfolgen als komischer Charakterdarsteller gehörten Wilhelm Giesecke in Benatzkys "Im weissen Rössl", Ritter Fridolin von Gumpendorf in Edmund Eyslers "Die goldene Meisterin", Lindoberer in Falls "Der fidele Bauer" und der König in dessen "Madame Pompadour", Penizek in Kálmáns "Gräfin Mariza" und Oberkellner Pelikan in dessen "Zirkusprinzessin", Fürst Basil Basilowitsch in Lehárs "Der Graf von Luxemburg" und Njegus in dessen "Lustiger Witwe", Roi Ménélas in Offenbachs "La Belle Hélène" und Jupiter in dessen "Orphée aux enfers", Frosch in Johann Strauß’ "Die Fledermaus" und Kálmán Zsupán in dessen "Zigeunerbaron" sowie Professor Süffle in Zellers "Der Vogelhändler" (Regie jeweils: K.). 1951 führte K. Regie bei der Uraufführung von Wilhelm Stärks Operette "Barbara fällt vom Himmel", in der er die Partie des Gabriel übernahm. Ab 1957 inszenierte er am Stadttheater St. Gallen zahlreiche Opern, beispielsweise Adams "Le Postillon de Lonjumeau", Bizets "Carmen", Cimarosas "Il matrimonio segreto", Donizettis "Don Pasquale" und "L’elisir d’amore", Dvořáks "Rusalka", Haydns "Il mondo della luna", Humperdincks "Hänsel und Gretel", →Rolf Liebermanns "Die Schule der Frauen", Lortzings "Die beiden Schützen", Offenbachs "Les Contes d’Hoffmann", Puccinis "Gianni Schicchi" und "Madama Butterfly", Smetanas "Die verkaufte Braut", Verdis "Rigoletto", "La Traviata" und "Il Trovatore" sowie Webers "Der Freischütz". Ab Mitte der sechziger Jahre Gastinszenierungen am Theater des Westens Berlin und regelmässig an der Hoofdstad Operette Amsterdam, an den Städtischen Bühnen Freiburg im Breisgau, am Nationaltheater Mannheim, am Raimund-Theater Wien im Rahmen der Wiener Festwochen und an den Wuppertaler Bühnen. Gastverpflichtungen als Sänger am →Stadttheater Zürich (1946/47 Wilhelm Giesecke) und am →Stadttheater Basel (1952 Herzog Max von Bayern in Fritz Kreislers "Sissy").
Autor: Paul Suter
Bibliografische Angaben zu diesem Artikel:
Suter, Paul: Walter Kochner, in: Kotte, Andreas (Hg.): Theaterlexikon der Schweiz, Chronos Verlag Zürich 2005, Band 2, S. 1010–1011.