Johann Karl von Eckenberg

Aus Theaterlexikon - CH
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* 6.4.1684 Harzgerode (D), † 1748 Luxemburg (L), eigentlich Johan Carl Eckenberger. Vater der Schauspielerin Sophia Rademin.

E.s Karriere als "starker Mann" und Wandertruppenprinzipal begann in der ersten Dekade des 18. Jahrhunderts, in der Schweiz kann er erstmals in Solothurn nachgewiesen werden. Dort stellte er im Oktober 1715 im Kaufhaus "Exercitia und Spihl", artistische und equilibristische Kunststücke, vor; im Ballenhaus Bern zeigte er bis Anfang Dezember zur Zeit der Martinimesse "seine ungemeine Stärke". Am 3.2.1716 wurde E. in Bern aktenkundig: Wegen eines tätlichen Angriffs auf den Landvogt Tscharner im Grauholz verfolgt, floh er aus der Schweiz. Im deutschsprachigen Gebiet vor allem mit seiner Spezialität, der Vorführung des "starken Mannes" mit dem Beinamen "Simson", bekannt, erhielt er 1717 in Berlin von König Friedrich Wilhelm I. das Privileg, in dessen Ländern, "seine Stärke […] vor die Gebühr zu zeigen". Ein Kupferstich von 1718 zeigt in neun Abbildungen eine Auswahl der Kunststücke des "Kraftmenschen": Nur mit Kopf und Füssen auf je einem Stuhl aufliegend, wird auf seinem Körper ein zentnerschwerer Stein zertrümmert, mit einer Hand hebt E. eine Kanone samt eines auf dieser sitzenden Tambours an. Wie hoch der Anteil aussergewöhnlicher Stärke auch gewesen sein mag, bei der Durchführung wurden die physikalischen Gesetzmässigkeiten geschickt genutzt: der zu zertrümmernde Stein war aus Sandstein, die Kanone wurde von einem Holzgerüst aus nur wenige Zentimeter angehoben; mittels Ketten, Seilzug und Hüftgurt konnte E. sein ganzes Körpergewicht einsetzen. Trotzdem – das Publikum war beeindruckt, und E. nutzte die Gelegenheit zum Verkauf von Heilmitteln "geheimnisvoller Herkunft". Wie alle Wandertruppenprinzipale gab E. – ausser während längerer Engagements bei Hof – alle vier bis acht Wochen in einer anderen Stadt Vorstellungen; bis 1720 soll er bereits "600 gute Attestata und Concessiones" erhalten haben (Zitate: Curieuse Nachricht). Nachweisbar sind unter anderem Mehrfachbespielungen von Berlin, Breslau, Danzig, Dresden, Frankfurt am Main, Halle, Hannover, Hamburg, Köln, Königsberg, Leipzig, Magdeburg, Mainz, Mannheim, Schwerin und Wesel. Zudem Aufführungen unter anderem in den folgenden Ländern (heutige Staatsgebiete): Dänemark, England, Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich, Polen, Russland und Schweden. Spätestens 1718 gehörten auch Schauspieler zur bisher eher artistisch orientierten Gesellschaft: beispielsweise Johann Peter Hilverding, Carl Rademin (E.s späterer Schwiegersohn) und Franz Albert de Fraine. Die zeitweilige Anstellung wechselnder Schauspielerinnen und Schauspieler führte zu einer Veränderung des Repertoires. Ausser Darbietungen von "Seil-Täntzern, Voltigierern und Lufft-Springern" und manchmal, wie 1735 in Frankfurt, von Marionettenspielen, wurden Ballette sowie Haupt- und Staatsaktionen präsentiert. Wiederum in Berlin, erhielt E. am 7.9.1731 die Bewilligung, auf dem Neuen Markt ein Theater (Bretterbude) zu errichten und dort "honette Sachen, keinesfalls aber skandalöse Sauzoten" zu spielen. Am 27.12.1732 Ernennung durch König Friedrich Wilhelm I. zum Hofkomödianten (den Titel "Königlich Preußische privilegirte Hof-Comödianten" führte er noch 1746 in Köln). Im Hoftheater "am Stallplatze" und in privaten "Assembleen" gaben E. und seine Schauspieler – unter anderen De Fraine (Harlekin), Hilverding (Pantalon), Anton Quartal (Hanswurst), Franz Gerwald von Wallerotti – für Bürger und Hof "Jongleur- und Escamoteur-Kunststücke" sowie Schauspiele, beispielsweise "Doctor Faust’s Höllenfahrt", Übersetzungen/Adaptionen französischer Komödien wie Molières "Tartuffe" oder von Dramen aus Gherardis Sammlung "Théâtre italien". Von April bis kurz vor Pfingsten 1736 war er nochmals in der Schweiz: E. führte Komödien auf, zeigte Seiltanz und Luftsprünge im Ballenhaus Basel. Ende Okober 1737 Bewilligung für Aufführungen im Ballenhaus Bern. Rückkehr nach Berlin, 1741 Bestätigung seines Privilegs für Preussen, Bespielung weiterer Städte; nach 1742 übernahm Johann Friedrich Schönemann E.s Position in Berlin. 1748 verstarb E. während einer Gastspielreise in Luxemburg.

Literatur

  • Asper, Helmut G.: Hanswurst, 1980.
  • Bolte, Johannes: Der "starke Mann" J. C. E. In: Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte. 2. Bd., 1. Hälfte, 1889.
  • Curieuse Nachricht von Starcken Leuten, sonderlich dem Anno 1717 in Teutschland bekannt gewordenen so genannten Starcken Mann, Joh. Carl von Eckenberg, 1720.


Autorin: Simone Gojan



Bibliografische Angaben zu diesem Artikel:

Gojan, Simone: Johann Karl von Eckenberg, in: Kotte, Andreas (Hg.): Theaterlexikon der Schweiz, Chronos Verlag Zürich 2005, Band 1, S. 512–513.

Normdaten

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