Tandem Tinta Blu, Borgnone TI
Freie Theatergruppe, ohne eigene Spielstätte, 1988–2003
1988 begründeten Cornelia Montani und Joe Sebastian Fenner mit der Strassentheaterproduktion "Fahrt ins Blaue" ihre Zusammenarbeit als T. Fenner, 1948 in Winterthur geboren, studierte 1967–73 Architektur an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich und arbeitete anschliessend zwei Jahre als Entwurfsarchitekt. 1974 besuchte er die Ecole de théâtre et de mouvement Jacques Lecoq in Paris und 1975–78 absolvierte er die →Scuola Teatro Dimitri in Verscio. Anschliessend war er bis 1986 Mitglied der →Compagnia Teatro Dimitri in Verscio. Montani, 1961 in Brig geboren, war nach der Matura zunächst journalistisch tätig, bevor sie sich 1983–86 ebenfalls an der Scuola Teatro Dimitri ausbilden liess. Erste Rollen spielte sie 1986 am →Stadttheater St. Gallen (in Rostands "Cyrano von Bergerac", Regie: Jaroslav Gillar) und 1987 in der Compagnia Teatro Dimitri. Anfangs pflegte das T. ein körperbetontes, akrobatisch-artistisches Spiel. In seiner zweiten Produktion "Der Narrenlehrling" (1989) setzte das Duo insbesondere Akrobatik, Jonglage, Zauberei, Musik und Gesang ein (Regie: →Dimitri, Bühnenmusik: →Oliviero Giovannoni/Montani). Wie diese Produktion wurden auch die folgenden Stücke in enger Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Regisseur entwickelt. In "Schade ums Kamel!"(Regie: Jean-Martin Moncéro, 1991) verzichteten sie weit gehend auf die circensischen Darstellungsformen, legten Wert auf An- statt Ausdeutung und auf das Zusammenspiel von Sprache und Bewegung. Diese Tendenz zum Erzähltheater setzte sich fort; ein einfaches Bühnenbild und ein Minimum an Requisiten genügten, während die Musik, von Fenner und Montani live gespielt, zunehmend wichtiger wurde. Es folgten 1994 "Tortuga" (Regie: →Paul Steinmann, Bühnenmusik: Giovannoni), 1998 Fenners Solostück "Lampenfieber oder Das Schiff in meinem Kopf" (Regie: Hannes Leo Meier, mit dieser Produktion trat Fenner auch nach der Auflösung des T. weiter auf), 1998 "Cod bai frends", ein musikalischer Erzählabend über Tessiner Emigranten (Regie: Meier, Bühnenmusik: Danilo Moccia) und 1999 "Theos Kaffeebar" (Regie: Daniel Wahl, Bühnenmusik: Moccia, Rhythmus: Giovannoni, mit dem T. und dem Musiker Philipp Galizia, Koproduktion mit dem Theater im Burgbachkeller in Zug). 2003 realisierte das T. ausserdem das Liederprogramm "Liebeslieder usw."(Regie: Steinmann, mit Fenner, Galizia, Montani). Die Produktionen wurden – auch dies eine Besonderheit des T. – auf Deutsch, Italienisch oder Französisch aufgeführt. Nebst zahlreichen Auftritten in Schweizer Kleintheatern gab das T. unter anderem in Deutschland, Italien und Frankreich Gastspiele. Die Produktionsleitung sowie die Tourneeplanung übernahmen zunächst Fenner und Montani, gaben sie aber ab 1998 an eine Theatervermittlung ab. Das T. finanzierte sich je zur Hälfte durch Produktionsbeiträge von Stiftungen und Sponsoren sowie durch Eigeneinnahmen. Im aktuellen Repertoire der Kompanie waren in der Regel drei bis vier Stücke, die über mehrere Jahre gespielt wurden. Daneben spielten Fenner und Montani in der Musikformation "Sherele" mit (Musik aus den Mittelmeerländern und Osteuropa) und realisierten 1995 in Koproduktion mit dem →Théâtre de la Grenouille Biel die mehrsprachige Inszenierung "Scapin! Fourberies & Gaunereien" nach Molière (Regie: Charlotte Huldi, Bühnenmusik: Claudio Bowald/Montani, Musikinterpretation und Spiel: Fenner, Montani, als Dienerpaar Scapin und Sylvestre). Das T. löste sich im Sommer 2003 nach fünfzehnjähriger Theatertätigkeit auf. Verbandsmitglied: →KTV und →ASTEJ.
Auszeichnungen
- 1992 Kleinkunstpreis "Ravensburger Kupferle" für "Der Narrenlehrling",
- 1994 Schweizer Kleinkunstpreis "Goldener Thunfisch" (verliehen von der KTV),
- 1995 zusammen mit Steinmann Kinder- und Jugendmedienpreis "Rote Zora" des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann, * 1995 goldenes "Kinderauge" der Kinderjury am Kinder- und Jugendtheatertreffen "Glotz" in Winterthur.
Autor: Jean Grädel
Bibliografische Angaben zu diesem Artikel:
Grädel, Jean: Tandem Tinta Blu, Borgnone TI, in: Kotte, Andreas (Hg.): Theaterlexikon der Schweiz, Chronos Verlag Zürich 2005, Band 3, S. 1790–1791.