Maria von Ostfelden

Aus Theaterlexikon - CH
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* 6.12.1896 Stanislau (Stanislawow, heute: PL), † 4.4.1971 Zürich, eigentlich Maria Foitik Edle von Ostfelden, Tochter des Rittmeisters Alois Franz Foitik Edler von O.

1918–20 an der Universität Wien immatrikuliert, gleichzeitig privater Schauspielunterricht bei einem Burgschauspieler. Ab 1920 zunächst unter dem Namen Mim(m)i Foitik Engagements unter anderem in Innsbruck, Lodz, Emden, Harburg, ab Ende der zwanziger Jahre an verschiedenen Berliner Bühnen. O., aktive Kämpferin für die weibliche Gleichberechtigung, war ab 1930 Mitglied verschiedener linker Organisationen, unter anderem der Kommunistischen Partei. Ab 1932 illegale Arbeit für den Nachrichtendienst zwischen Berlin und Brüssel. O., die Anti-Nazi-Schriften verteilte, wurde zweimal durch die Gestapo in Berlin verhaftet. 1936 Flucht nach Wien, wo sie bis 1938 als Schauspielerin und – wie schon in Berlin – als Sprechlehrerin tätig war und zusammen mit dem Regisseur Jubal ein Kleintheater leitete. Studium der Sprachtherapie. 1939 Flucht als "Touristin" nach Zürich, wo O. trotz Arbeitsverbots Sprech- und Schauspielunterricht erteilte. Schauspielerin und Regisseurin in Schweizer Interniertenlagern, 1940 und 1942 kleine Rollen am →Schauspielhaus Zürich. Für die 1.-Mai-Feiern der Arbeiterbewegung inszenierte O. mehrere Dramen im Volkshaus Zürich, darunter 1943 Euripides’ "Die Troerinnen" mit sich selbst als Hekuba. 1942–45 Mitarbeiterin und zeitweise Vorstandsmitglied der Kulturgemeinschaft der Emigranten Zürich. 1946/47 Auftritte mit der →Schauspieltruppe der Zentralleitung der Arbeitslager. Die Versuche, in Zürich 1948 zusammen mit Valeska Gert das Cabaret Café Valeska und 1949 das literarische Cabaret Omnibus zu etablieren, blieben erfolglos. An der Universität Zürich besuchte O. Vorlesungen über Psychologie, Literatur und Theater, unter anderem bei Carl Gustav Jung und Emil Staiger sowie einen Theaterkurs bei Etienne Decroux. 1956–59 Gründerin und Vorsteherin des "Studios der theaterwissenschaftlichen Vorlesungen" der Universität Zürich, Schweizer Erstaufführungen von Stücken Adamovs und Ionescos. 1959 inszenierte O. im Fotoatelier Bettina Jean Genets "Die Zofen". 1959–63 spielte und inszenierte O. im Klosterkeller an der Spiegelgasse in Zürich unter anderem Boris Vians "Das Schmürz" (1962) und die Schweizer Erstaufführung in deutscher Sprache von Samuel Becketts "Endspiel" (1963). 1964 gründete O., unterstützt von ihrem Lebensgefährten, dem Architekten Jakob Zweifel, das avantgardistische →Theater an der Winkelwiese in Zürich, das sie bis 1970 leitete. Dort wurden experimentelle Stücke unter anderem von Edward Albee, Jean Genet, Roger Vitrac, Fernando Arrabal, José Triana und Marin Sorescu aufgeführt. O.s ausgeprägtes Sprachempfinden und die Weiterentwicklung expressionistischer und konstruktivistischer Spielformen führten zur Entwicklung eines individuellen Regiestils, der durch strenge Stilisierung von Sprach- und Körpergestus geprägt war.

Auszeichnungen

  • 1966 Anerkennungspreis der Stadt Zürich für ihre Theaterarbeit.

Literatur

  • Jauslin, Christian/Naef, Louis (Hg.): Ausgangspunkt Schweiz – Nachwirkungen des Exiltheaters, 1989.
  • Markun, Silvia (Hg.): M. v. O., Theater als Experiment, 1996.

Nachlass

  • Teilnachlass in der Schweizerischen Theatersammlung, Bern.


Autorin: Anna Beck



Bibliografische Angaben zu diesem Artikel:

Beck, Anna: Maria von Ostfelden, in: Kotte, Andreas (Hg.): Theaterlexikon der Schweiz, Chronos Verlag Zürich 2005, Band 2, S. 1360–1361.

Normdaten

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