Ruedi Häusermann
* 5.12.1948 Lenzburg AG.
Nach der Matura Studium der Wirtschaftswissenschaft, anschliessend klassisches Musikstudium (Querflöte, auch Klarinette und Saxophon). H. setzte sich mit verschiedenen Richtungen des Jazz und mit Improvisation auseinander und spielte unter anderem zusammen mit Marco Käppeli und Urs Blöchlinger sowie der Gruppe "Jerry Dental Kollekdoof". Ersten Kompositionen für Theater, Film und Performance folgten Gastengagements als Schauspielmusiker 1985 und 1988 am →Schauspielhaus Zürich. Als Musiker und Schauspieler war H. später vor allem an Inszenierungen →Christoph Marthalers beteiligt, unter anderem 1988 "Ribble Bobble Pimlico" (Keller des Schauspielhauses Zürich), 1990 "Stägeli uf, Stägeli ab, juhee!"(→Theater Basel, Badischer Bahnhof) und 1993 "Murx den Europäer! Murx ihn! Murx ihn! Murx ihn! Murx ihn ab!"(Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin, Musik: H./→Jürg Kienberger/Marthaler). Seit 1992 ist H. auch als Regisseur tätig. In seinen Inszenierungen thematisiert er die kleinen Dinge, insbesondere Alltagssituationen menschlichen Versagens, welche die Basis für grosse Geschichten bilden und philosophische Dimensionen annehmen können. H. schildert die Skurrilität menschlicher Grundsituationen und will mit seinen Projekten die Wahrnehmung schärfen und verändern. Die textliche und die gestische Ebene verbindet er mit musikalischen Partien und Geräuschelementen zu einer Gesamtkomposition, wobei er zunehmend auf lineare Handlungsstränge verzichtet. Anschauliche Beispiele dieser Arbeitsweise findet man in seinen Produktionen unter anderem für die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin (1992 "Der Schritt ins Jenseits", 1996 "Seitenwechsel" und 1998 "Perpetuum mobile" mit Texten von Paul Scheerbart und Velimir Chlebnikov), für das →Theater Neumarkt in Zürich (1994 "Weshalb Forellen in Rapperswil essen, wenn wir im Appenzellerland Speck haben können" nach Texten von →Robert Walser, 1995 "De Schattehof im Neumarktsäli" nach Texten von Hans Roth und →Ernst Burren, 1997 "Rest. Frohsinn" und 1999 "Abt. Geschlossen"), das Schauspielhaus Wien (1997 "Das ausgestopfte Reh" nach Texten von Norbert C. Kaser), das Theater Basel (1998 "Das Beste aus: Menschliches Versagen [Folge 1]", 2002 "Trübe Quellenlage"), das Schauspielhaus Zürich (2001 "Der Schritt ins Jenseits", "Long-Slow-Fade" und "Väter unser") und das Staatstheater Hannover (2003 "Es ist gefährlich, über alles nachzudenken, was einem gerade einfällt" nach Texten von Daniil Charms, Musik: John Tavener/H.). H.s Inszenierungen wurden zudem an verschiedenen Festivals gezeigt, unter anderem 1996 und 2002 an der Bonner Biennale, 1999 am internationalen Kulturfestival in Ljubljana, oder eigens für diese produziert wie 2000 für die Opernfestspiele in München ("Kanon für geschlossene Gesellschaft") und 2002 für das Festival Steirischer Herbst (Jelineks "Der Tod und das Mädchen III", in Koproduktion mit dem Schauspielhaus Graz). H. komponiert weiterhin auch für Film und Hörspiel und nahm als Musiker diverse CDs auf.
Auszeichnungen
- 1999 Bayerischer Theaterpreis an das Theater Basel für H.s Produktion "Das Beste aus: Menschliches Versagen (Folge 1)",
- 2000 Prix Suisse für Martin Suters Hörspiel "Business Class", für das unter anderen H. die Musik schuf,
- 2003 Aargauer Kulturpreis der AZ (Aargauer Zeitung)-Medien-Gruppe.
Autor: Hanspeter Renggli
Bibliografische Angaben zu diesem Artikel:
Renggli, Hanspeter: Ruedi Häusermann, in: Kotte, Andreas (Hg.): Theaterlexikon der Schweiz, Chronos Verlag Zürich 2005, Band 2, S. 807–808, mit Abbildung auf S. 807.