Bernhard Stirnemann
* 12.9.1936 Bern.
Abgebrochene Schreinerlehre, dann Lehrerseminar und Primarlehrerpatent, in Bern bis 1998 als Lehrer tätig. Während des Lehrerseminars Privatunterricht in Sprechtechnik, Stimmbildung und Pantomime. Gleichzeitig Schauspieler und Regisseur an der Berner Studentenbühne. 1961 eröffnete S. in Bern das →Galerietheater Die Rampe, das er bis zur Schliessung 1982 leitete und wo er als Regisseur und Schauspieler wirkte. Die Rampe pflegte neben dem Gastspielbetrieb (Sprechtheater, literarisches Cabaret, Jazz- und Klassikkonzerte, Chansonsprogramme und Puppenspiel) insbesondere das avantgardistische Autorentheater. 1968–70 übernahm S. ausserdem die Leitung des →Theaters am Käfigturm, die er, in finanzielle Schwierigkeiten geraten, vorzeitig wieder abgab. Dank eines Darlehens der Stadt konnte das drohende Konkursverfahren abgewendet werden. Im Gegenzug verpflichtete sich S., ein Konzept zur Entwicklung der Berner Kleintheater zu verfassen. Dieses war schliesslich ausschlaggebend dafür, dass die Stadt ab der Spielzeit 1974/75 Kleintheater finanziell unterstützte. Zudem wirkte S. als Chansonnier: Nach verschiedenen Reisen nach Paris in den fünfziger Jahren unternahm er erste Versuche, französische Chansons zu schreiben. Gleichzeitig mit →Mani Matter, aber unabhängig von ihm, entdeckte S., dass sich das Berndeutsche für Chansons bestens eignet. 1964 fanden unter dem Programmtitel "Ballade, Lumpeliedli, Chansons à la Bernoise" im Berner →Theater am Zytglogge die ersten Liederabende statt (unter anderem traten Ruedi Krebs, S. und Fritz Widmer auf), was schliesslich zur Bildung der →Berner Troubadours führte, einer Gruppe von "auteurs, compositeurs, interprètes" nach französischem Vorbild; Stammhaus für ihre Auftritte wurde während seines Bestehens das Galerietheater Die Rampe. Die Chansonniers lösten eine Mundartwelle aus, die bis in die heutigen Tage fortwirkt. Immer wieder gelingt es ihnen, mit raffiniert einfachen Versen, begleitet auf der Gitarre, Berner Befindlichkeiten zu formulieren. S. hat inzwischen über 150 Chansons komponiert und getextet, wovon beispielsweise "Mys Käthi" grosse Popularität erlangt hat und in Anthologien aufgenommen worden ist. Die Berner Troubadours treten, wenn auch in unterschiedlichen Formationen, bis heute auf. 1992 gründete S. zusammen mit dem Architekten und Jazzpianisten Franz Biffiger, den Berner Troubadours und Freunden aus der Berner Jazz-, Kleinkunst- und Beizenszene die "Genossenschaft Troubadour Beiz Plus" mit dem Zweck, im Berner Restaurant Monbijou ein Bistro mit kulturellem Programm zu betreiben. 1972–82 war S. Mitglied der SP-Fraktion im Berner Stadtrat und 1982–98 im Grossen Rat des Kantons Bern, wo er sich vor allem für kulturpolitische Themen engagierte.
Autorin: Sandra Leis
Bibliografische Angaben zu diesem Artikel:
Leis, Sandra: Bernhard Stirnemann, in: Kotte, Andreas (Hg.): Theaterlexikon der Schweiz, Chronos Verlag Zürich 2005, Band 3, S. 1757.