Galerietheater Die Rampe, Bern BE

Aus Theaterlexikon - CH
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Kellertheater, Gastspielbetrieb und Eigenproduktionen

1958 gründete →Bernhard Stirnemann die Gruppe Die Rampe, die avantgardistische Stücke zeigte (beispielsweise von Tardieu und Sartre). Mit der Eröffnung des G. am 15.4.1961 (mit Hanns Dieter Hüschs Gastspiel "Cabaretüden") bezog die Truppe eine eigene Spielstätte. Die damalige Besitzerin, die Firma Berger AG, vermietete den Keller an den Rechtsträger Stirnemann, der das G. als Privattheater führte. Das G. erhielt keine Subventionen, was die Betriebsstruktur und das Programmkonzept wesentlich bestimmte. Neben finanziell einträglichen Gastspielen aus unterschiedlichen Kunstbereichen (Sprechtheater, literarisches Kabarett, Jazz- und Klassikkonzerte, Chansonsprogramme, darunter zahlreiche Auftritte der →Berner Troubadours, Lesungen sowie Puppentheater) und Ausstellungen realisierte Stirnemann Eigenproduktionen, um in Bern neue Stücke und Autoren einzuführen. Den Auftakt machte Gorkis "Die Kleinbürger". Schwerpunkt des Spielplans bildeten Autoren aus dem englisch- und französischsprachigen Raum, beispielsweise Albee, Beckett, Camus, Cocteau, O’Neill, Joe Orton, James Saunders, Peter Shaffer, Boris Vian und Roger Vitrac, aber auch Stücke von →Heinrich Henkel, →Wolfgang Hildesheimer, Grass, Peter Weiss und →Walter Vogt wurden vorgestellt; einige Inszenierungen waren Schweizer oder Berner Erstaufführungen. Der Anspruch, weit gehend unbekannte Stücke vorzustellen, führte zu einer grossen Programmvielfalt, nur vereinzelte Autoren waren mehrfach vertreten. Regie führten meist Stirnemann (der auch spielte) und Klaus W. Leonhard, Bühnenbilder schufen unter anderen Bruno Affolter und →Marietta Eggmann; Marian Berger, →Paul-Felix Binz, Walther Gloor, Leonhard und Lilo Rummer bildeten den Kern des Ensembles. Zunehmend hatte das G. mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen. Wurden bis 1967 pro Spielzeit jeweils sechs bis sieben Eigenproduktionen und rund acht Gastspiele gegeben, konnte das G. 1967/68 keine Eigenproduktionen präsentieren. 1968 übernahm Stirnemann die Leitung des →Theaters am Käfigturm in der Hoffnung, mit Hilfe dieses kommerziell ausgerichteten Betriebs das G. zu sanieren, was jedoch nicht gelang. Stirnemann konnte sich 1970 nur dank eines Darlehens der Stadt vorzeitig aus dem Vertrag mit den Besitzern des Theaters am Käfigturm lösen und ein drohendes Konkursverfahren abwenden. Als Gegenleistung verlangte die Stadt von Stirnemann einen konzeptionellen Bericht über die Entwicklung der Berner Kleintheater, der den Ausschlag gab, diese fortan zu subventionieren. 1970–74 zeigte das G. pro Saison rund dreizehn Gastspiele und zwei bis drei Eigenproduktionen, von denen insgesamt sechs mit dem →Stadttheater Bern koproduziert wurden (das Stadttheater übernahm teilweise oder ganz die Defizitgarantie). Trotz der ab 1974/75 gewährten regelmässigen Subventionen bildete sich kein kontinuierlich arbeitendes, neues Kernensemble; Stückverträge waren die Regel. Das G. wurde von Stirnemann, der seine Regietätigkeit aufgab und nur noch selten auftrat, weiterhin als Privattheater geführt. Neben rund zehn Gastspielen pro Spielzeit konnten wieder drei bis vier Eigenproduktionen realisiert werden, fast ausnahmslos Aufführungen zeitgenössischer Dramatiker, insbesondere Arrabal und Dario Fo (1981 als Koproduktion mit dem Stadttheater Bern), aber auch Brendan Behan, Fassbinder, Havel, Hacks, Kroetz und Pinter, sowie Aufführungen der Schweizer Autoren Pil Crauer, →Franz Hohler und →Hansjörg Schneider. Viele Stücke waren erstmals in Bern zu sehen. Wiederholt Regie führten Jaroslav Gillar, →Franz Matter und Jiří Ruzicka, als Bühnenbildner war insbesondere →Harry Zaugg tätig. 1972–82 war das G. ausserdem Spielstätte des →Internationalen Festivals kleiner Bühnen Bern. Am 29.6.1982 fand im G. die letzte Aufführung statt, da der Mietvertrag gekündigt wurde.

Spielstätte

Galerietheater Die Rampe, Kramgasse 55, 3011 Bern.

1961 Einrichtung des Kellertheaters durch das Ensemble unter Anleitung des Architekten Jean Pier­re Schwaar. Eröffnungsdatum: 15.4.1961. Bühne im Raum (Keller mit Kreuzgewölbe). Platzkapazität: 106 Plätze. Bühnenraum: 5,9 m breit, 3,45 m hoch, 3,45 m tief. Sommer/Herbst 1975 Sanierung/Umbau: Zuschauertribünen rechtwinklig zueinander an einer Längs- und einer Breitseite. Platzkapazität: 120 Plätze.

Literatur

  • Jäggi, Anne: Kleintheater in Bern. Lizenziatsarbeit der Universität Bern, 1998.
  • Jäggi, Anne: "Wo üsereins nid emau würdi Härdöpfu ylagere."klein theater kramgasse 6 und Galerietheater Die Rampe zwischen 1960 und 1980. In: Koslowski, Stefan/Kotte, Andreas/Sorg, Reto (Hg.): Theater. Berner Almanach, Bd. 3, 2000.

Archiv

  • Schweizerische Theatersammlung, Bern.


Autor: Thomas Keller



Bibliografische Angaben zu diesem Artikel:

Keller, Thomas: Galerietheater Die Rampe, Bern BE, in: Kotte, Andreas (Hg.): Theaterlexikon der Schweiz, Chronos Verlag Zürich 2005, Band 1, S. 670–671.