Siggi Schwientek

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* 6.8.1952 Alfeld an der Leine (D), eigentlich Siegfried S., auch Sigi S. Bruder des Schauspielers →Norbert S.

Aufgewachsen in Ludwigsburg. Nach einer Lehre als Dekorateur arbeitete S. 1972/73 als Bühnentechniker am →Theater am Neumarkt und 1973–75 als technischer Leiter am Tübinger Zimmertheater. Während eines Technikeinsatzes auf offener Szene in Tübingen wurde S.s schauspielerische Begabung bemerkt, und 1976 erhielt er vom Intendanten Manfred Beilharz zunächst ein Gastengagement als Schauspieler an den Städtischen Bühnen in Freiburg im Breisgau, wo er anschliessend 1977–80 festes Ensemblemitglied war und unter anderem 1979 die Titelrolle in der Uraufführung von "Till Eulenspiegel" nach Hermann Bote und Charles de Coster (Fassung: →Hans J. Ammann) sowie Puck in Shakespeares "Ein Sommernachtstraum" spielte. In den siebziger Jahren trat S. zudem an den Freilichtspielen Schwäbisch Hall auf und stand beispielsweise 1977 als Razmann in Schillers "Die Räuber" erstmals gemeinsam mit Norbert S. auf der Bühne. 1980–84 war S. an den Städtischen Bühnen Frankfurt am Main verpflichtet (unter anderem Sosias in Kleists "Amphitryon", Regie: Adolf Dresen) sowie 1984–86 und als Gast weiterhin bis 1988 am Staatstheater Kassel unter der Direktion von Beilharz (unter anderem erneut Puck, die Titelrolle in Molières "Der Geizige", Regie: Heinz Kreidl, Willy Clark in Neil Simons "Sonny Boys", Regie: Carlos Trafic). Daneben trat S. seit 1986/87 als Gast am →Schauspielhaus Zürich unter der Direktion von →Gerd Heinz auf, unter anderem 1987 als "zweiter mann m2" zusammen mit Norbert S. als "erster mann m1" in der Schweizer Erstaufführung von Jandls "Die Humanisten". 1988–93 war S. Ensemblemitglied am →Theater Basel unter der Direktion von →Frank Baumbauer und spielte beispielsweise 1988 Gottfried Friedeborn in Kleists "Das Käthchen von Heilbronn" (Regie: Cesare Lievi), 1989 Teukros in Sophokles’ "Aias" (Regie: Frank Castorf), 1990 erneut Puck (Regie: →Jossi Wieler), 1991 den Hellseher Mario in →Max Frischs "Graf Öderland" (Regie: →Werner Düggelin) und den Rentier Lenglumé in Labiches "Die Affäre Rue de Lourcine" (Regie: →Christoph Marthaler), 1992 Just in Lessings "Minna von Barnhelm oder Das Soldatenglück" (Regie: Harald Clemen) sowie 1993 in Marthalers Projekt "Prohelvetia". 1993 folgte S. Baumbauer nach Hamburg, der dort die Leitung des Deutschen Schauspielhauses übernahm, und setzte die Zusammenarbeit mit den Regisseuren Marthaler (1993 Mephisto in "Goethes Faust √1+2", 1995 in "Stunde Null oder die Kunst des Servierens") und Castorf fort (1995 Kellner in der Deutschen Erstaufführung von Jelineks "Raststätte oder Sie machens alle", 1997 Gefängnisaufseher Frosch in Johann Strauß’ "Die Fledermaus") fort. Ausserdem war er unter anderem in Inszenierungen von →Stefan Bachmann zu sehen (etwa 1999 in der Uraufführung von Rainald Goetz’ "Jeff Koons"). Seit 2000 gehört S. zum Ensemble des Schauspielhauses Zürich, das 2000–04 von Marthaler geleitet wurde. Unter dessen Regie spielte S. 2000 in "Hotel Angst" und 2002 Herr Zumpe in der Uraufführung von →Thomas Hürlimanns "Synchron". Ausserdem war er in Inszenierungen von Castorf (2001 als Willi und in weiteren Rollen in Castorf/Lothar Trolles Bearbeitung von Döblins "Berlin Alexanderplatz", 2003 als Seth in O’Neills "Trauer muss Elektra tragen") und von Stefan Pucher (beispielsweise 2004 in der Uraufführung von "Homo Faber" nach dem Roman von Frisch) zu sehen und spielte unter anderem 2003 Jeronimus in Kleists "Die Familie Schroffenstein" und Nagg in Becketts "Endspiel". S., der mittlerweile über hundert Rollen verkörpert hat, besticht immer wieder durch seine "unglaubliche Fähigkeit […], Kleine ganz gross und Grosse klein zu machen" (Schlienger). S. wirkte auch in verschiedenen Hörspielproduktionen sowie in diversen Fernseh- und Kinofilmen mit.

Literatur

  • Richard, Christine: Wunderlich und wesentlich. Ein Portrait der Schauspieler Norbert und Siggi S. In: Theater heute 5/1990.
  • Schlienger, Alfred: Marthalers Leute. Ein Held wider Willen – Siggi S. kommt ans Schauspielhaus. In: Neue Zürcher Zeitung, 23.8.2000.


Autorin: Christine Wyss



Bibliografische Angaben zu diesem Artikel:

Wyss, Christine: Siggi Schwientek, in: Kotte, Andreas (Hg.): Theaterlexikon der Schweiz, Chronos Verlag Zürich 2005, Band 3, S. 1663–1664, mit Abbildung auf S. 1663.

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