Bertolt Brecht

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* 10.2.1898 Augsburg (D), † 14.8.1956 Berlin/Ost (DDR, heute: D). ∞ I. 1922–27 Marianne Zoff, Opernsängerin, ∞ II. 1929 Helene Weigel, Schauspielerin. Vater des Autors und Theaterwissenschaftlers Stefan B. und der Schauspielerinnen →Hanne Hiob und Barbara B. (bühnentätig unter dem Pseudonym Barbara Berg, ∞ Ekkehard Schall, Schauspieler), Grossvater der Schauspielerin Johanna Schall.

1917 Notabitur, Studium der Philosophie und Medizin in München (ohne Abschluss). Die erste Uraufführung eines seiner Stücke – "Trommeln in der Nacht" – fand am 29.9.1922 mit grossem Erfolg an den Münchener Kammerspielen statt (Regie: Otto Falckenberg, Gastspiel am 11.5.1923 am →Stadttheater Basel). 1922–24 war B. dort Dramaturg und Regisseur – in dieser Zeit fanden die Uraufführungen von "Im Dickicht der Städte" (9.5.1923, Residenz-Theater München, Regie: Erich Engel, Bühnenbild: →Caspar Neher) und "Baal" (8.12.1923, Altes Theater Leipzig) statt. 1924/25 Engagement als Dramaturg am Deutschen Theater Berlin. Mit der Uraufführung von "Die Dreigroschenoper" (31.8.1928, Theater am Schiffbauerdamm, Berlin) gelang B. und dem Komponisten Kurt Weill der grösste Theatererfolg der Weimarer Republik; auf die erfolglose Schweizer Erstaufführung am 29.1.1929 im Volkshaus Zürich folgten mehrere zum Teil heftig bekämpfte Aufführungen in Zürich, Basel und Bern. B. propagierte in seinen Theaterstücken und Schriften die Ziele des historischen Materialismus, war jedoch im Gegensatz zu seiner Frau und vielen Mitarbeitern nie Parteimitglied. Als entschiedene Gegner des Nationalsozialismus emigrierten B. und seine Familie am 28.2.1933 über Prag nach Wien. Am 13.3.1933 traf er in Zürich ein, verliess die Schweiz aber bereits Anfang Juni wieder. Am 22.6.1933 übersiedelte B. mit seiner Frau nach Dänemark, über Schweden (1939) und Finnland (1940/41) ging er ins Exil in die USA (Santa Monica, 1941–47). Nachdem B. sich dort vor dem Komitee zur Bekämpfung "unamerikanischer Umtriebe" hatte verantworten müssen, verliess er das Land und reiste über Paris in die Schweiz. B. hatte sich bereits aus dem Exil um die Uraufführungen seiner Stücke "Die Rundköpfe und die Spitzköpfe" (1935) und "Leben des Galilei" (1939) am →Schauspielhaus Zürich, Zürich ZH bemüht, bis 1941 jedoch vergeblich. Hingegen wurden von der →Volksbühne Zürich im Volkshaus Zürich 1938 "Die Gewehre der Frau Carrar" (Uraufführung 16.10.1937, Salle Adyar, Paris) und 1941 "Die Mutter" (Uraufführung 17.1.1932, Komödienhaus am Schiffbauerdamm, Berlin) aufgeführt. B., fälschlicherweise als politischer Agent verdächtigt, galt als Repräsentant der neuen Arbeiterkultur; als antifaschistischer Autor übte er mit Lyrik, Balladen und Sprechchören (mit Einzel- und Chordarbietungen; auch vielen B.-Abenden, unter anderem von →Katharina Renn) Einfluss auf die Arbeiter-Festkultur, das sozialistische Festspiel in der Schweiz und Autoren wie →Kurt Früh und →Max Frisch aus. Am 12.5.1940 wurde durch Radio Beromünster die Ursendung von "Das Verhör des Lukullus" (Regie: →Ernst Bringolf) ausgestrahlt. Am 19.4.1941 begannen mit "Mutter Courage und ihre Kinder" (Regie: →Leopold Lindtberg, Musik: →Paul Burkhard, mit →Therese Giehse in der Titelrolle) die B.-Uraufführungen am Schauspielhaus Zürich, es folgten: "Der gute Mensch von Sezuan" (4.2.1943, Regie: →Leonard Steckel, Bühnenbild: →Teo Otto) und die erste Fassung von "Leben des Galilei" (unter dem Titel "Galileo Galilei" am 9.9.1943, Regie: Steckel). Nach Schwierigkeiten am Schauspielhaus Zürich, gab →Hans Curjel B. die Möglichkeit, "Die Antigone des Sophokles" nach der Hölderlin’schen Übertragung am →Stadttheater Chur, Chur GR zu inszenieren. Am 15.2.1948 erfolgte die Uraufführung im Provisorium des Kinos Rätushof mit Weigel in der Titelrolle. B. und Neher zeichneten für die Regie verantwortlich. Das Stück wurde jedoch nach drei Vorstellungen und einem Matinee-Gastspiel am Schauspielhaus Zürich abgesetzt. B. dokumentierte die Inszenierung (Modellbuch); diese Modellinszenierung sollte neben anderen seine künftige Theaterarbeit am Berliner Ensemble prägen. Mit dem gleichen Ziel wurde die Uraufführung von "Herr Puntila und sein Knecht" am 5.6.1948 am Schauspielhaus Zürich (Regie: →Kurt Hirschfeld/B., mit Steckel und →Gustav Knuth in den Hauptrollen) realisiert und dokumentiert. 1948 reiste er nach Berlin, um mit Weigel am Deutschen Theater Berlin "Mutter Courage und ihre Kinder" zu inszenieren. Ende Februar 1949 kehrte er nach Zürich zurück und bereitete die Gründung des Berliner Ensembles vor, das am 29.4.1949 vom Politbüro der SED als Helene-Weigel-Ensemble offiziell anerkannt wurde. B. engagierte daraufhin aus der Schweiz →Hans Gaugler, →Benno Besson und →Regine Lutz. Am 24.5.1949 verliess er die Schweiz und wählte Salzburg als "ständigen Wohnsitz", 1950 erhielt er die österreichische Staatsbürgerschaft. Weitere Werke: "Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny" (Uraufführung 9.3.1930, Opernhaus Leipzig, Musik: Weill); "Die Massnahme" (Uraufführung 13./14.12.1930, Philharmonie, Berlin); "Der Jasager" (Uraufführung 23.6.1930, Zentralinstitut für Unterricht und Erziehung, Berlin); "Furcht und Elend des Dritten Reiches" (Uraufführung 21.5.1938 unter dem Titel "99%. Bilder aus dem Dritten Reich", Salle d’Iéna, Paris, Musik: Paul Dessau); "Der kaukasische Kreidekreis" (Uraufführung 5.5.1948, Studentenbühne Carleton College, Nourse Little Theatre, Northfield/Minnesota); "Das Verhör des Lukullus" (Uraufführung 17.3.1951, Deutsche Staatsoper Berlin, Musik: Dessau, geschlossene Vorstellung); "Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui" (Uraufführung 10.11.1958, Württembergische Staatstheater Stuttgart); "Die Heilige Johanna der Schlachthöfe" (Uraufführung 30.4.1959, Deutsches Schauspielhaus in Hamburg).

Auszeichnungen

  • 1922 Kleist-Preis,
  • 1951 Nationalpreis I. Klasse der DDR,
  • 1955 Stalin-Preis.

Literatur

  • Hecht, Werner: B.-Chronik, 1997. Fuegi, J.: B. und Co., 1997.
  • B. B. 1898–1998 … und mein Werk ist der Abgesang des Jahrhunderts. [Katalog zur Ausstellung in der Akademie der Künste, Berlin 1998].
  • Wüthrich, Werner: B. B. und die Schweiz, 2003.


Autorin: Brigitte Marschall



Bibliografische Angaben zu diesem Artikel:

Marschall, Brigitte: Bertolt Brecht, in: Kotte, Andreas (Hg.): Theaterlexikon der Schweiz, Chronos Verlag Zürich 2005, Band 1, S. 264–266.

Normdaten

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