Michael Zochow

Aus Theaterlexikon - CH
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* 7.8.1954 Prag (CZ), † 24.3.1992 Berlin (D). Z., der seinen richtigen Namen zeitlebens verschwieg, floh 1968 mit seiner Mutter aus der Tschechoslowakei über Österreich in die Schweiz nach Stäfa. Seine übrigen Verwandten waren, bis auf Teddy Kollek, den Cousin seiner Mutter und langjährigen Bürgermeister von Jerusalem, von den Nationalsozialisten ermordet worden.

Nach der Matura in Zürich schrieb Z. für den Zürcher "Tages-Anzeiger" und die "Schaffhauser Nachrichten". Nachdem er das Schweizer Bürgerrecht erhalten hatte, zog Z. 1979 nach Berlin und war als Produktionsdramaturg (zum Beispiel für →Felix Praders Inszenierungen von Schnitzlers "Liebelei" am Schauspiel Köln und von Tschechows "Onkel Wanja" an der Comédie Française in Paris) und freier Schriftsteller tätig. Zum Broterwerb arbeitete er im "Yorck-Kino". Z.s Dramen sind rätselhafte Gespinste voller kabbalistischer Mystik, somnambuler Traumsequenzen und historischer Ereignisse. Zentrales Thema ist der Holocaust und die Auseinandersetzung mit der eigenen slawisch-jüdischen Herkunft. "Die Reise zum Mond" (Uraufführung 1986 am Theater am Turm in Frankfurt am Main, Regie: Prader) behandelt das Leben von Z.s Mutter und spielt einerseits 1943 in einem britischen Militärlager in Ägypten und andererseits in der Gegenwart, unter anderem in einem Zürcher Ausflugsgasthaus. "Kambek" (Uraufführung 1987 am Staatstheater Stuttgart, Regie: →Jossi Wieler, mit →Michael Maassen in der Titelrolle) spielt in einer archäologischen Ausgrabungsstätte in Syrien. An diesem Ort begegnen sich die Tochter von Josef Goebbels, Josef Mengele, der Todesarzt von Auschwitz und ihr Ehemann, sowie Kambek, ein Jude und Auschwitz-Überlebender, in der Gegenwart. Für sein Stück "Traiskirchen" (Uraufführung 30.9.1990, Malersaal des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg, Regie: Charlotte Kleist) über das gleichnamige Flüchtlingslager bei Wien, erhielt Z. 1990 den Gerhart-Hauptmann-Preis, für "Drei Sterne über dem Baldachin" (Uraufführung 13.2.1992, Schauspielhaus Wien, Regie: Hans Grazer) 1991 den Welti-Preis für das Drama. Z. schrieb auch Drehbücher (1986 "Motten im Licht", Regie: Urs Egger). Weitere Dramen: "Sterns Stunden" (Uraufführung 1982), "Ein Neger mit Gazelle" (Uraufführung 1990, Theater zum Westlichen Stadthirschen, Berlin; Schweizer Erstaufführung 1994 durch die freie Gruppe →Berner Ensemble am Festival →Auawirleben, Regie: →Peter Borchardt). Als Bühnenmanuskripte sind folgende Stücke erhältlich: "Aus Böhmischen Dörfern", "Das 6. Stück (ohne Titel)", "Die Einweihung des öffentlichen Waisenhauses", "Die Engel von Hollywood", "Eine Blutwurst für King Kong", "Liebe spielen", "Schlag mich, peitsch mich, du süsser Löwe!", "Zwischen dem Kuss und dem Wiedersehen".



Autorin: Brigitte Marschall



Bibliografische Angaben zu diesem Artikel:

Marschall, Brigitte: Michael Zochow, in: Kotte, Andreas (Hg.): Theaterlexikon der Schweiz, Chronos Verlag Zürich 2005, Band 3, S. 2151–2152.

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