Stefan Kurt

Aus Theaterlexikon - CH
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* 22.10.1959 Bern.

Zunächst Lehrerseminar und kurze Tätigkeit als Primarschullehrer, dann 1981–85 Schauspielausbildung am →Konservatorium für Musik und Theater in Bern. Daneben mehrere Performances mit →Norbert KlassensTheaterkollektiv Studio am Montag in Bern. Nach einem Gastvertrag am Schauspielhaus Bochum (1985 Quintus/Gote/Tribun in der Uraufführung von Heiner Müllers "Anatomie Titus. Fall of Rome. Ein Shakespearekommentar", Regie: Manfred Karge/→Matthias Langhoff) wurde K. 1985 von →Jürgen Flimm ans Thalia Theater Hamburg engagiert, zu dessen Ensemble er bis 1994 gehörte. Nach anfänglich kleineren Rollen verkörperte er dort unter anderem 1986 Silvio in Goldonis "Der Diener zweier Herren", 1987 Damis in Molières "Tartuffe", 1988 Beaumarchais in Goethes "Clavigo", 1990 Wilhelm in der legendären Uraufführung von Robert Wilson/Tom Waits/William Burroughs’ "The Black Rider" unter der Regie von Wilson sowie die Titelrolle in Koltès’ "Roberto Zucco" (Regie: Wilfried Minks), 1991 Bleichenwang in Shakespeares "Was ihr wollt" und Frank Rice in John Osbornes "Der Entertainer", 1992 Clov in Becketts "Endspiel" sowie Charles Dodgson und andere Rollen in der Uraufführung von Wilson/Waits/Paul Schmidts "Alice" nach Lewis Carroll und 1993 Jago in Shakespeares "Othello". Seit 1994 ist K. als freischaffender Schauspieler tätig. Der Durchbruch gelang ihm mit der Hauptrolle des verdeckten Ermittlers Charly Held in Dieter Wedels ZDF-Fernseh-Mehrteiler "Der Schattenmann" (1996). In der Folge spielte er in zahlreichen Fernseh- und Filmproduktionen, so etwa Dave Gladbaker, einen jüdischen Agenten des amerikanischen Geheimdienstes, in Oliver Storz’ Fernsehfilm "Gegen Ende der Nacht" (1998), Sigi Semmeling in Wedels Fernseh-Mehrteiler "Die Affäre Semmeling" (2002), den paranoid werdenden Versicherungsvertreter Karl Winter in Peter Liechtis Kinofilm "Marthas Garten" (1997) und die titelgebende Figur des mysteriösen Künstlers Urs Vogelaug in Stephen Beckner/Michael C. Hubers Kinofilm "Birdseye" (2002). Parallel dazu arbeitete K. auch weiterhin regelmässig für das Theater. Er wirkte als Hauptdarsteller in mehreren Inszenierungen von Wilson, so als Zeitreisender Nick in Lou Reed/Wilson/Darryl Pinckneys "Time Rocker" (1996 am Thalia Theater Hamburg), als Charles Lindbergh in "Ozeanflug" (1998) und als Valerio in Büchners "Leonce und Lena" (2003, beide am Berliner Ensemble). Ausserdem spielte er als Gast in verschiedenen Produktionen, so 1996 als Puck in einer Inszenierung von Shakespeares "Ein Sommernachtstraum" mit geistig behinderten Darstellern (Regie: Barbara Neureiter) auf Kampnagel in Hamburg und später als Gastspiel im →Theaterhaus Gessnerallee Zürich, 2002 in Schuberts "Die schöne Müllerin" am →Schauspielhaus Zürich (Regie: →Christoph Marthaler) und 2002 in Christopher Durangs "Therapie zwecklos", einer Produktion der Geschwister Pfister in der "Bar jeder Vernunft" in Berlin (Regie: →Christoph Marti). Als charakteristisch für K.s Wirken als Schauspieler gilt vor allem seine chamäleonhafte Wandlungsfähigkeit. Seit seinem Bühnendebüt spielte er ein breites Spektrum an Rollen, das vom kalten Intriganten über die marionettenhaften Bühnenfiguren Wilsons bis zum liebenswert-linkischen Jägersburschen und Politeinsteiger Semmeling reicht. Neben seiner Tätigkeit als Schauspieler schuf K. Performances mit Geräusch- und Toninstallationen (etwa 1993 "Second Hand Emotions" am Hamburger Thalia Theater sowie – zusammen mit Hans Peter Kuhn und David Moss – 2000 "Rhythm in the 21st Century" und 2004 "Sunset Scientists" am Zürcher →Theater Neumarkt) und Bühnenmusiken (etwa 1990 zu Karges "Die Eroberung des Südpols" und 1993 zu "Der Zauberer von Oz", beide am Thalia Theater, sowie 1994 zu Wilsons "Die Sanfte", Uraufführung am Festival d’Automne in Paris). Zudem diverse Hörspielrollen und Sprecher mehrerer Hörbücher.

Auszeichnungen

unter anderem

  • 1987 Boy-Gobert-Preis der Hamburger Körber-Stiftung für Silvio in "Der Diener zweier Herren",
  • 1997 Adolf-Grimme-Preis für "Der Schattenmann",
  • 1999 Adolf-Grimme-Preis für "Gegen Ende der Nacht".

Literatur

  • Köppel, Roger: Winnetou und ich. Die Bekenntnisse des Berner Starschauspielers S. K. In: Das Magazin. Wochenendbeilage des Tages-Anzeigers und der Berner Zeitung 43/1997.


Autor: Tanja Stenzl



Bibliografische Angaben zu diesem Artikel:

Blubacher, Thomas: Elisabeth Bergner, in: Kotte, Andreas (Hg.): Theaterlexikon der Schweiz, Chronos Verlag Zürich 2005, Band 2, S. 168.

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