Theater Winterthur am Stadtgarten, Winterthur ZH

Aus Theaterlexikon - CH
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Gastspielbetrieb, alle Sparten

Bereits 1930 wurde in Winterthur ein Fonds geschaffen, um endlich den Bau eines standesgemässen Stadttheaters zu realisieren. Zwar wurde im 1863 erbauten Gesellschaftshaus "Casino" (heute: Casinotheater Winterthur, ehemals Stadttheater Winterthur), welches die Stadt 1876 übernahm, regelmässig Theater gespielt, doch die Zuschauerräume und die Bühnenverhältnisse waren unbefriedigend. Wirtschaftskrise und Weltkrieg verhinderten das Neubauprojekt. 1957 wurde der Theaterverein gegründet, der sich für einen Neubau einsetzte. Erst 1966 wurden konkrete Schritte unternommen. Die Stadt veranstaltete einen schweizweiten Architekturwettbewerb, den der Zürcher Architekt Frank Krayenbühl gewann. Nach der Überarbeitung wurde das Projekt im September 1972 den Winterthurer Stimmberechtigten zur Abstimmung unterbreitet. Der erste Spatenstich erfolgte am 15.12.1975. In den Theaterbau wurden grosszügige Foyers, die für andere Veranstaltungen wie Kleinkunstprogramme, Lesungen und Konzerte genutzt werden können, integriert. Das "Theater am Stadtgarten" wurde am 5.10.1979 mit einem Festakt und mit Nestroys "Frühere Verhältnisse" (Regie: →Markus Breitner) eröffnet, am 6.10.1979 schloss sich eine Festvorstellung von Mozarts "Die Zauberflöte" an (Gastspiel des →Stadttheaters St. Gallen, musikalische Leitung: Kurt Brass, Regie: →Wolfgang Zörner). Darauf folgten vom 8. bis am 16.10. die "Winterthurer Theatertage" mit Abendvorstellungen und Rahmenveranstaltungen in den Bereichen Schauspiel, Ballett, Jugendtheater, Varieté und mit der abschliessenden Darbietung von Beethovens "9. Symphonie". Erster Direktor des neuen Theaters wurde Hans Ulrich Rentsch, der – als Informationschef der Stadtverwaltung – schon seit 1969 nebenamtlich das Programm des Stadttheaters Winterthur im Casino verantwortet hatte. Rentsch programmierte Musiktheater und Tanzvorstellungen, im Bereich des Sprechtheaters setzte er den Schwerpunkt auf moderne Dramatik, zudem programmierte er jede Saison ein Stück von Shakespeare. Rentsch initiierte 1980 den "Winterthurer Theater-Mai", das so genannte Schweizer Theatertreffen. Bis 1982 gaben Bühnen aus der deutsch- und der französischsprachigen Schweiz Vorstellungen, die von einer Jury bewertet wurden. Unter Rentschs Nachfolger →Walter Grieder (1982–85) wurden am Theater-Mai 1983 und 1984 ausschliesslich Stücke von Schweizer Autorinnen und Autoren gezeigt. Grieder programmierte einen ausgewogenen Spielplan und verpflichtete zahlreiche Stars. Trotz des dadurch erreichten Zuschauerzuwachses wurde das Budget überschritten, was Grieder schliesslich zum Rücktritt zwang. 1985–98 leitete →Alex Freihart das Theater am Stadtgarten. Am Theater-Mai von 1986 gastierten Schweizer Opern-, Ballett- und Schauspielschulen, 1987 verschiedene Theater aus Deutschland. Freihart kooperierte mit Schweizer Bühnen sowie mit Theatern und Gastspielunternehmen aus Deutschland, insbesondere mit dem Euro-Studio und der Konzertdirektion Landgraf Titisee-Neustadt, die beide neben eigenen Produktionen auch die anderer Häuser vermittelten. Pro Spielzeit zeigte Freihart durchschnittlich zwanzig Schauspielinszenierungen. Insgesamt stammte etwa die Hälfte aller gezeigten Schauspielproduktionen von festen Häusern. Die jährlich zwölf Musiktheaterproduktionen (Oper, Ballett, Operette und Musical) stammten etwa zur Hälfte von Häusern aus den ehemaligen Ostblockstaaten. Freihart war daran gelegen, auch neuere Bühnenwerke vorzustellen, und er zeigte mehrere Uraufführungen. Zum zehnjährigen Jubiläum des Stadttheaters 1989 inszenierte Freihart Verdis "Ein Maskenball" (musikalische Leitung: →Jost Meier) als Eigenproduktion. 1994 begründete er eine Zusammenarbeit mit dem →Opernhaus Zürich und dem Orchester des Musikkollegiums Winterthur, die fortan eine gemeinsame Produktion pro Spielzeit – meist zu Saisonbeginn – zur Premiere brachten. Nach einer Interimszeit (1998–2000), in der Freihart als künstlerischer Berater weiterhin am Theater tätig war, trat im April 2000 →Gian Gianotti die Direktion an. Das Theater wurde nun in "Theater Winterthur am Stadtgarten" umbenannt. Gianotti knüpfte ein neues Beziehungsnetz und reduzierte die Zusammenarbeit mit dem Euro-Studio und der Konzertdirektion Landgraf. Er setzte auf die direkte Kooperation mit stehenden Bühnen (unter anderen Staatstheater Stuttgart, Bremer Theater, Anhaltisches Theater Dessau) oder mit selbstständig produzierenden kleineren Theatern. Die gastierenden Theaterschaffenden liess er in Publikumsgesprächen ihre Arbeit erörtern. Die Möglichkeiten eines Gastspielhauses machte er fruchtbar, indem er wiederholt das gleiche Stück in verschiedenen Inszenierungen auf den Spielplan setzte (beispielsweise im Mai 2004 Shakespeares "Othello", Schauspiel Köln sowie Münchner Kammerspiele). Bei der Oper, beim Tanztheater und beim Ballett erweiterte Gianotti den regionalen Schwerpunkt (bisher vor allem Osteuropa) durch Gastspiele aus Zentral- und Südeuropa. Die Zusammenarbeit mit dem Opernhaus setzte Gianotti fort. Das T., Regiebetrieb der Stadt Winterthur, wird von der Stadt, dem Kanton und den Gemeinden der Region finanziert. Verbandsmitglied: →SBV.

Spielstätte

Theaterstrasse 6, 8400 Winterthur. Erbaut: 1975–79. Architekt: Frank Krayenbühl. Platzkapazität: rund 800 Plätze. Guckkastenbühne: 17,5 m breit, 13,5 m tief, 18,5 m hoch. Hinterbühne: 17,5 m breit, 9,5 m tief, Seitenbühne: 10 m breit, 12 m tief, Portal: 12 m breit, 7,5 m hoch. Orchesterraum mit 60 Plätzen.



Autor: Tobias Hoffmann-Allenspach



Bibliografische Angaben zu diesem Artikel:

Hoffmann-Allenspach, Tobias: Theater Winterthur am Stadtgarten, Winterthur ZH, in: Kotte, Andreas (Hg.): Theaterlexikon der Schweiz, Chronos Verlag Zürich 2005, Band 3, S. 1895–1896, mit Abbildung auf S. 1895.

Normdaten

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