Theater für den Kanton Bern, Bern BE

Aus Theaterlexikon - CH
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Tourneetheater, Sprechtheater, Eigenproduktionen mit Stückverträgen

Am 18.4.1972 wurde der Verein "Theater für das Bernerland" in Bern zur ideellen und finanziellen Unterstützung der gleichnamigen Berufsbühne gegründet. Gründungsmitglieder waren neben Heinz Zimmermann, dem Initianten des Unternehmens, unter anderen der Altstände- und Regierungsrat Dewet Buri (erster Präsident), →Arnold H. Schwengeler und →Peter Bürki. Grössere Ortschaften und Kurorte im Kanton sollten, analog dem →Theater für den Kanton Zürich, bespielt werden. Erster Direktor des T. war 1972–83 Zimmermann. Er verpflichtete während der Theatersommerpause Schauspieler und Schauspielerinnen für seine Produktionen und führte bei fast allen Inszenierungen Regie. Regelmässig tätig waren unter anderen →Edwin Fabian, Dietrich Bergmann, →Ludwig Schütze, →Rosemarie Wolf und Liselotte Torin. Unterhaltung durch gute, zeitgemässe Inszenierungen zu bieten war erklärtes Ziel des Boulevardtheaters; Laienbühnen sollten nicht konkurrenziert werden (Mundartaufführungen waren nicht vorgesehen). Dementsprechend wurde der Spielplan gestaltet, der eine Inszenierung im Winter (Märchen) und eine im Sommer vorsah. Am 1.7.1972 eröffnete das T. in Grindelwald mit →Curt Goetz’ "Die Rache", "Herbst" und "Minna Magdalena". Weitere Inszenierungen waren unter anderem 1972/73 Bürkis "Die Abrechnung", 1976 Schwengelers "Der Fälscher" und 1977/78 Max Mells "Das Apostelspiel". Als besonders erfolgreich erwiesen sich ab 1977 Freilichtinszenierungen, die jeweils auf der St. Petersinsel Premiere hatten und anschliessend auf Tournee im Kanton Bern gezeigt wurden, so etwa Tschechows "Der Bär" und "Der Heiratsantrag", 1978 Schwengelers "Hexenwiese", 1979 Goldonis "Die Wirtin Mirandolina" und 1980 dessen "Der Fächer", 1981 Molières "George Dandin" und 1982 Kleists "Der zerbrochene Krug". Nach dem Rücktritt Zimmermanns leitete Torin ab Sommer 1983 interimsmässig die Bühne. 1985–87 war Urs Mühlethaler Leiter des T. Zur Ergänzung des Spielplans gründete er die in Mundart spielende "Micheli-Bühne", bei der er auch Regie führte. Das T., ab 1986/87 unter seiner heutigen Bezeichnung, produzierte im Sommer 1985 Bürki/Felix Mings musikalisches Lustspiel "Bluff im Schloss" (Regie: Fabian), 1985/86 Henry Smiths "Ein Appartement für Vier", 1986 Goldonis "Der Diener zweier Herren", Molières "Die Spässe des Scapin" (Regie jeweils: Bernd Rumpf). Unter der Direktion Fabians 1988–96 spielte das T. 1989 Shakespeares "Ein Sommernachtstraum", 1990 Goldonis "Mirandolina" (Regie: Franz Weber), 1991 Machiavellis "La Mandragola", 1992 zum zwanzigjährigen Jubiläum Franz und Paul von Schönthans "Der Raub der Sabinerinnen", 1993 Shakespeares "Was ihr wollt", 1994 Molières "Die Schule der Ehemänner" und 1996 dessen "Menschenfeind" unter der Regie von →Urs-Peter Wolters, der 1996–97 auch als Direktor des T. amtete. Ausserdem wurden Märchen wie 1993 "Aschenputtel" (Regie: Weber) und 1994 "Tischlein deck dich" (Regie: Fabian) gegeben. 1998 inszenierte →Oscar Bingisser Kleists "Der zerbrochene Krug", 2000/01 wurde Saint-Exupérys "Der kleine Prinz" als Winterproduktion geboten. Ab 2001 übernahm die Bühne zudem die Durchführung der Klosterhofspiele Frienisberg, die bis dahin vom →Theater 1230 Bern organisiert worden waren: 2001 Fos "Der Dieb, der nicht zu Schaden kam", 2002 Josef Hader/Alfred Dorfers "Indien". Das T. finanzierte sich durch Beiträge der Vereinsmitglieder und Gönner sowie aus Einnahmen der Vorstellungen; später erhielt es eine jährliche Subvention des Kantons Bern. Als einziges Tourneetheater im Kanton übernimmt das T. in den ländlichen Kantonsteilen eine wichtige Funktion im Bereich der Kulturvermittlung.



Autorin: Simone Müller



Bibliografische Angaben zu diesem Artikel:

Müller, Simone: Theater für den Kanton Bern, Bern B, in: Kotte, Andreas (Hg.): Theaterlexikon der Schweiz, Chronos Verlag Zürich 2005, Band 3, S. 1856–1857.