Komödie, Basel BS

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Eigenproduktionen mit festem Ensemble, vor allem Sprechtheater

Die K. wurde 1950 von →Egon Karter gegründet und bis 1968 von ihm geleitet. Er erachtete ein Kammerspieltheater – das erste der Schweiz – als Ergänzung zu den Sprechtheaterproduktionen des →Stadttheaters Basel als unerlässlich. Zur Eröffnung am 26.9.1950 wurden unter dem Titel "3 x Offenbach" (Regie: →Willy Duvoisin) drei musikalische Einakter von Jacques Offenbach aufgeführt. Bis 1954 war die Genossenschaft des Basler Stadttheaters Mieterin des Theaters und Rechtsträgerin des Spielbetriebs. 1951–53 gab es ein gemeinsames Schauspielensemble des Stadttheaters Basel und der K., das "Basler Schauspiel" unter der Leitung von Karter. Später wurde die 1955 gegründete Genossenschaft K. Rechtsträgerin. 1953 ging das Gebäude aus Privatbesitz an die von Karter vertretene "Komödie AG"über, die es an die Rechtsträgerin vermietete. Im selben Jahr wurde die K. umgebaut und vergrössert. 1959 kaufte die "Komödie AG" ein Nachbargrundstück dazu, die alte K. wurde abgebrochen und ein neues, grösseres Theater erstellt. Während der Umbauarbeiten 1961 fanden die Aufführungen der K. in der Ausweichspielstätte im Hans-Huber-Saal des Basler Stadtcasinos statt. Am 30.11.1961 wurde das neue Haus mit Shakespeares "Hamlet" mit →Helmuth Lohner in der Titelrolle eröffnet. Von der Saison 1953/54 an wurde der K. vom Kanton Basel-Stadt eine Subvention beziehungsweise eine Defizitgarantie zugesprochen, die allerdings mit Auflagen verbunden war. So musste die K. unter anderem weit gehend auf Aufführungen musikalischer Werke verzichten, um das Stadttheater nicht zu konkurrenzieren. Der Spielplan der K. war vielseitig und bot sowohl Klassiker (Shakespeare, Goethe, Schiller, Hauptmann, Ibsen, Strindberg) als auch zeitgenössische Dramatiker (Albee, Beckett, →Friedrich Dürrenmatt), französische Konversationsstücke, Boulevardstücke und Lustspiele. Zudem wurde der Spielplan durch Gastspiele auswärtiger Ensembles unter anderem aus London, Berlin, Wien und Paris ergänzt. An der K. als Schauspielerinnen und Schauspieler tätig waren neben vielen anderen →Blanche Aubry, →Leopold Biberti, →Willy Buser, →Fritz Delius, →Helmuth Ebbs, →Milena von Eckardt, →Buddy Elias, →Hilde Harvan, →Judith Melles, →Emma Murauer, →Robert Messerli, Ingeborg Stein, →Heinrich Trimbur und →Arnim Waldeck-Süssenguth. Um die Besetzungsmöglichkeiten zu erweitern, wurden zum Stammensemble prominente Gäste wie →Albert und →Else Bassermann, →Maria Becker, Tilla Durieux, Hans-Joachim Kulenkampff, →Alfred Lohner, →Will Quadflieg, →Maria Schell, →Johanna Terwin-Moissi und →Robert Tessen zugezogen. Als Regisseure arbeiteten an der K. neben Karter unter anderen Biberti und Trimbur, →Rolf Lansky und Curt Bock; Eugen Goll schuf über 130 Bühnenbilder. Die beiden Schweizer Erstaufführungen, Sartres "Die ehrbare Dirne" und "Bei geschlossenen Türen", wurden bereits während der ersten Saison zu Gastspielen eingeladen (ans →Schauspielhaus Zürich). Bis Mitte der sechziger Jahre gab die K. zahlreiche Gastspiele im In- und Ausland. Karter griff die Tradition der Freilichtspiele, die in Basel zuvor von →Oskar Wälterlin gepflegt worden war, wieder auf. Die Produktionen – an denen sich oft namhafte Theaterschaffende beteiligten –, beispielsweise Hofmannsthals "Jedermann" (1951 auf dem Münsterplatz, Regie: Helene Thimig-Reinhardt), Shakespeares "Romeo und Julia" (1952 im Bischofshof, Regie: →Leonhard Steckel), Shakespeares "Ein Sommernachtstraum" (1953 im Rosenfeldpark, 1962 im Kannenfeldpark, Regie: →Ettore Cella) und Goethes "Faust I" (1954 im Bischofshof), lösten Resonanz im In- und Ausland aus. 1962 richtete Karter im Malersaal des neuen Hauses eine Experimentierbühne, die so genannte Komödie-Werkstatt, ein. Sie wurde am 24.9.1962 mit der Schweizer Erstaufführung von Martin Walsers "Der Abstecher" und →Max Frischs "Die grosse Wut des Philipp Hotz" eröffnet. Auf dieser Bühne wurde das Schaffen zeitgenössischer und avantgardistischer Autoren wie Beckett, Dorst, Duras, →Wolfgang Hildesheimer, Ionesco, Kafka, Arthur Kopit, Mrożek, Orton, Pinter und Saunder gezeigt. Zu den herausragenden Produktionen der K. zählten 1950 Ibsens "Nora oder Ein Puppenheim", 1951 Lessings "Nathan der Weise", 1954 Ibsens "Gespenster", 1960 die Schweizer Erstaufführung von →Bertolt Brechts "Schweyk im Zweiten Weltkrieg" (Regie: Karter), 1963 die Schweizer Erstaufführungen von Becketts "Das letzte Band" und von Behans "Die Geisel" (Regie: →Werner Kraut) sowie Shakespeares "Othello", 1964 die Schweizer Erstaufführung von Vitracs "Victor oder Die Kinder an der Macht" (Regie: Veit Relin), 1965 Goldonis "Der Diener zweier Herren" und Anouilhs "Das Orchester" (Regie: Hans Neuenfels), 1966 Horváths "Geschichten aus dem Wienerwald", Fred Dengers "Langusten", Brechts "Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui" und Dürrenmatts "Der Meteor" sowie 1968 →Carl Zuckmayers "Des Teufels General". In der Spielzeit 1967/68 ging die Ära der K. als weit gehend selbstständiges Theater mit →Frank Wedekinds "Lulu" (Regie: →Charles Regnier) zu Ende, Karter trat von der Leitung zurück, die Liegenschaft ging von der Komödie AG an die Basler Kantonalbank über. In der Spielzeit 1968/69 fusionierten die K. und das Stadttheater zu den Basler Theatern unter der Direktion von →Werner Düggelin. Die vom Kanton gemietete Liegenschaft der K. stand den Basler Theatern/dem Theater Basel bis Dezember 2001 als Schauspielbühne zur Verfügung. Platzmangel und veraltete technische Einrichtungen erforderten schon seit längerem eine neue Bühne, die mit dem neuen Schauspielhaus ab 2002 zur Verfügung stand. Die K. wurde im November 2001 mit einem Abschiedsfest geschlossen.

Spielstätte

Steinenvorstadt 63, 4051 Basel. Architekt: H. Meyer, 1950: Umbau der bestehenden Liegenschaft in ein Theater mit Guckkastenbühne und Orchestergraben. Bühne: 6 m breit, 5 m tief. Platzkapazität: zirka 270 Plätze. Eröffnung: 26.9.1950. 1954: Um- und Ausbau durch Architekt Karl Künzel (Platzkapazität neu: zirka 380 Plätze durch Einbau eines Balkons; Erhöhung des Zuschauerraums, Schnürboden, Einbau einer Drehbühne, Verbesserung der Infrastruktur, Bühne neu: 5 m tief). Wiedereröffnung: 30.9.1954. 1961: Neubau durch Künzel. Guckkastenbühne, Drehbühne. Platzkapazität: zirka 600 Plätze. Bühne: zirka 18 m breit, 8,5 m tief. Portal: 11,7 m breit, zirka 5 m hoch. Orchesterraum mit 12 Plätzen. 1962: Einrichtung der K.-Werkstatt im Malersaal. Platzkapazität: rund 50 Plätze. Bühne: 6 m breit, 4 m tief.

Literatur

  • Karter, Egon: Das Leben, eine Komödie, 1988.
  • Stumm, Reinhardt: K. Basel. Fünfzig Jahre Ach und Krach, 2001.


Autorin/Autor: Eveline Gfeller/Raymond Petignat



Bibliografische Angaben zu diesem Artikel:

Gfeller, Eveline/Petignat, Raymond: Komödie, Basel BS, in: Kotte, Andreas (Hg.): Theaterlexikon der Schweiz, Chronos Verlag Zürich 2005, Band 2, S. 1018–1020.

Normdaten

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